Wael Suleiman im "Kathpress"-Interview: Internationale Hilfsgelder für syrische Flüchtlinge in Jordanien werden immer weniger, doch die Not lässt nicht nach - Bis zu 1,4 Millionen Syrer haben im südlichen Nachbarland Zuflucht gesucht
Amman, 24.02.2018 (KAP) Die Welt lässt Jordanien und die syrischen Flüchtlinge im Land immer mehr im Stich. Während zu Beginn der Flüchtlingskrise die Töpfe noch gut mit internationalen Hilfsgeldern gefüllt wurden, würde die internationale Staatengemeinschaft in den vergangenen drei Jahren nur mehr 40 Prozent jener Summe beitragen, die zur Versorgung der Flüchtlinge und Bewältigung der Flüchtlingskrise notwendig sind. Das hat der jordanische Caritasdirektor Wael Suleiman im "Kathpress"-Interview vor Ort kritisiert.
Die Herausforderungen seien nach fast sieben Jahren Krieg im Nachbarland nicht geringer geworden. Etwas mehr als 650.000 Syrer sind in Jordanien offiziell als Flüchtlinge registriert. Bis zu 1,4 Millionen Syrer würden aber tatsächlich in Jordanien leben, dazu kämen noch Iraker und Palästinenser. 40 Prozent der Bevölkerung Jordaniens bestünden aus Flüchtlingen und Arbeitsmigranten. "Das ist aber zu viel für das Land", so der Caritasdirektor.
Die Caritas bemühe sich nach Kräften, die Not im Land zu lindern. Freilich sei diese Hilfe immer zu gering. Mehr als 1.000 Menschen würden jeden Tag auf die eine oder andere Weise von der Caritas unterstützt, so Suleiman. In weiteren Zahlen ausgedrückt: 100.000 Menschen erhalten pro Jahr medizinische Unterstützung, 15.000 Kinder werden in Schulprogrammen betreut, 18.000 Familien (ca. 100.000 Personen) erhalten humanitäre Hilfe. Und trotzdem: "Wir können nur bis zu einem Viertel all jener Menschen helfen, die um Unterstützung ansuchen", bedauerte Suleiman.
An die internationale Staatengemeinschaft appellierte der Caritasdirektor, die Menschen vor Ort im Nahen Osten zu unterstützen. Europa soll sich im Nahen Osten engagieren und mithelfen, vor Ort ein besseres Verständnis von Menschenrechten, Demokratie und Bürgerrechten zu etablieren. Besondere Aufmerksamkeit müsse dabei auch den religiösen Minderheiten zuteil werden. Dieser Appell richte sich auch besonders an Österreich, so der Caritasdirektor: "Helft uns dabei, einen neuen Nahen Osten zu schaffen, in dem alle Menschen in Frieden zusammen leben können."
Sein besonderer Dank gelte der Caritas Österreich. Diese sei seit Jahren ein verlässlicher Partner. Die Caritas Österreich helfe dabei nicht nur finanziell sondern auch bei der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter in Jordanien. Das schaffe Zukunftsperspektiven und Hoffnung, so der jordanische Caritasdirektor.
Flüchtlinge sollen zurückkehren
Trotz der akuten dramatischen Kampfhandlungen in Syrien zeigte sich Suleiman zuversichtlich, dass der Krieg in spätestens zwei Jahren zu Ende sein könne. Ein erstes Anzeichen einer Normalisierung könnte schon in ein bis zwei Monaten die Wiederöffnung einer Grenzstation an der syrisch-jordanischen Grenze sein. Er hoffe auch, dass die syrischen Flüchtlinge, sobald dies möglich ist, zurückkehren und ihr Land wieder aufbauen.
Suleiman kam auch auf die 14.000 christlichen Flüchtlinge aus dem Irak zu sprechen, die 2014 vor dem IS aus Mosul und der Ninive-Ebene fliehen mussten und in Jordanien strandeten. Das Land habe diese Menschen aufgenommen und die Caritas habe sich auch gemeinsam mit Partnern um die christlichen Flüchtlinge gekümmert. Er plädiere nun aber sehr dafür, so Suleiman, dass möglichst viele dieser Flüchtlinge in ihre vom IS befreiten Dörfer und Städte zurückkehren und diese wieder aufbauen. Freilich mit Unterstützung von außen.
Caritas-Hilfe für 50.000 Kinder
Die Caritas Österreich hat sich das Ziel gesetzt, im Rahmen der derzeit laufenden Februar-Sammlung mit Spendengeldern aus Österreich 50.000 Kindern im Nahen Osten (und in Osteuropa) ein chancenreiches Aufwachsen und den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Neben Bildungsperspektiven geht es dabei allerdings auch um die grundlegenden materiellen Bedürfnisse. So ist es etwa mit einem Hilfspaket um 30 Euro möglich, ein Kind in Jordanien einen Monat lang mit Lebensmitteln, medizinischer Betreuung und Hygieneartikeln zu versorgen.
(Infos: www.caritas.at; Caritas-Spendenkonto: Erste Bank, IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560 Spendenzweck: "Kinder in Not")
O-Töne von Wael Suleiman stehen in Kürze unter www.kathpress.at/audio zum Download bereit.
Fotos aus Jordanien stehen in Kürze unter www.kathpress.at/foto zum Download bereit.