Franziskus äußert sich zu Kritik an seiner Vergebungsbitte für die Rolle der Kirche im System der kanadischen "Residential Schools"
Rom/Quebec, 04.08.2022 (KAP) Papst Franziskus hat bestätigt, dass er die Vergebungsbitte an Kanadas Indigene für die Institution Kirche gesprochen hat. "Ich spreche weder in meinem eigenen Namen noch im Namen einer Ideologie oder einer Partei. Ich bin ein Bischof und spreche im Namen der Kirche", erklärte das Kirchenoberhaupt gegenüber Jesuiten während seiner Kanadareise. Die Jesuitenzeitschrift "La Civilta Cattolica" veröffentlichte das Gespräch am Donnerstag in Rom.
Nach jahrelangen Forderungen von Ureinwohnern und Politik hatte Papst Franziskus während seiner Kanadareise in der vergangenen Woche mehrfach um Vergebung für die Rolle der Kirche in dem System der "Residential Schools" gebeten. Diese Internate waren wesentlicher Teil kolonial-europäischer Anpassungspolitik.
Kritik hatte dabei hervorgerufen, dass er die Taten von "vielen Mitgliedern der Kirche" und "von Ordensgemeinschaften", "von Christen" verurteilte - jedoch nicht als Institution "römisch-katholische Kirche" um Entschuldigung bat. Dies hatte neben den Indigenen auch die vom Staat beauftragte Aufarbeitungskommission gefordert. Kanadas Premierminister Justin Trudeau hatte das bei einem Treffen mit dem Kirchenoberhaupt ebenfalls angemerkt.
"Ich spreche im Namen der Kirche, auch wenn ich es nicht ausdrücklich sage, denn es ist offensichtlich, dass ich es tue", erklärte Franziskus in dem Gespräch mit den Jesuiten. "Im Gegenteil, ich würde sagen: Ich muss deutlich machen, dass es meine persönliche Meinung ist, wenn ich nicht im Namen der Kirche spreche", schloss der Papst.
Papst lobt Versöhnung in Kanada
In Gespräch mit den kanadischen Jesuiten, das am vergangenen Freitag in Quebec stattgefunden hatte, lobte der Papst auch erneut die Einheit der kanadischen Bischöfe. Wenn der Prozess der Versöhnung mit den Indigenen gut laufe, dann liege das nicht an seinem Besuch in Kanada, sondern an den geeinten Bischöfen, so Franziskus. "Kurz gesagt, das sind die Wunder, die geschehen können, wenn die Kirche geeint ist", erklärte der Papst.
Schon zu anderer Gelegenheit lobte Franziskus während seiner Reise das Engagement der katholischen Bischöfe Kanadas im Versöhnungsprozess mit den Indigenen. Die Ureinwohner um Vergebung zu bitten für die katholische Beteiligung am staatlich-kirchlichen Internatssystem, war Hauptanliegen von Franziskus' Reise. Kanadas Indigene hatten sich seit Jahren um diese Entschuldigungsbitte bemüht. Seit einiger Zeit unterstützen sie dabei auch die Bischöfe ihres Landes.
"Bin nur das Sahnehäubchen"
Er habe die Vertrautheit zwischen Bischöfen und Einheimischen gesehen und sei selbst nur das "Sahnehäubchen auf dem Kuchen", so Franziskus. Verheimlicht werden könne jedoch nicht, dass es auch einige in der Kirche gebe, die gegen Heilung und Versöhnung seien. Er selbst habe eine kleine Gruppe von Traditionalisten gesehen, "die protestierten und sagten, dass die Kirche etwas anderes sei".
Der Papst rief dazu auf, den Prozess fortzuführen: "Mir gefiel das Motto der Reise: 'Marcher ensemble' (gemeinsam gehen). Gehen Sie, aber gemeinsam. Sie kennen das Sprichwort: 'Wenn Sie schnell gehen wollen, gehen Sie allein. Wenn Sie sicher gehen wollen, gehen Sie in Begleitung'."
Traditionell trifft sich Papst Franziskus bei seinen Reisen auch mit lokalen Jesuiten; er selbst gehört dem Orden an.
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