Berichte und Analysen zur Papstreise nach Mexiko vom 12. bis 17. Februar 2016
Mit symbolträchtigen Gesten an der Grenze zwischen Mexiko und den USA hat Papst Franziskus am 17. Februar seine einwöchige Reise nach Kuba und Mexiko beendet. Unweit des Grenzzauns, der Nord- von Lateinamerika trennt, feierte er mit Hunderttausenden Menschen einen Gottesdienst und formulierte einen flammenden Appell gegen die Ausbeutung von Migranten. Zuvor besuchte er in der Grenzstadt Ciudad Juarez eine der berüchtigten Haftanstalten des Landes und kritisierte die Missstände im Strafvollzug. Bei einem Treffen mit Arbeitern und Unternehmern forderte er ein Ende des Profitstrebens um jeden Preis, von dem die heutige Wirtschaft beherrscht werde.
Die Auftritte des Papstes wurden auch nördlich der Grenze von Einwanderern und Einheimischen aufmerksam verfolgt. Die illegale Einwanderung aus Lateinamerika spielt derzeit im US-Wahlkampf eine wichtige Rolle.
Begonnen hatte die spektakuläre Reise mit einem historischen Akt in Havanna. Dort traf Franziskus am 12. Februar als erster Papst der Geschichte mit dem Moskauer Patriarchen zusammen. Unter den Augen des kubanischen Staatspräsidenten Raul Castro unterzeichneten die Oberhäupter der beiden größten christlichen Kirchen eine in strikter Geheimhaltung vorbereitete Erklärung. In dem Text ging es um den Schutz der vom Islamismus bedrohten Minderheiten im Nahen Osten und in Teilen Afrikas sowie um die Beilegung alter Streitigkeiten zwischen den Kirchen in Osteuropa und Russland.
Quer durch Mexiko
Nach dem Zwischenstopp auf Kuba absolvierte der Papst von 12. bis 17. Februar eine anstrengende Reise quer durch Mexiko. Die ersten politischen und religiösen Höhepunkte standen in Mexiko-Stadt an, wo er als erster Papst im Nationalpalast empfangen wurde und das in ganz Amerika von Katholiken verehrte Marienheiligtum von Guadalupe besuchte. In einer Ansprache forderte er die 170 mexikanischen Bischöfe auf, sich von ihrer Rolle als Kirchenfürsten zu verabschieden und durch glaubwürdige und transparente Arbeit die Frohe Botschaft zu verkünden.
Am 14. Februar feierte Franziskus in der riesigen, ärmlichen Vorstadt Ecatepec eine Messe mit rund 300.000 Menschen. In einer politischen Predigt bezeichnete er die Teilung und Entzweiung der Gesellschaft als einen teuflischen Plan. Die Mexikaner forderte er auf, ihr Land so umzugestalten, dass "niemand mehr auswandern muss, um träumen zu können." Ein bewegender Besuch in einer Kinderklinik war der zweite Höhepunkt dieses Tages. Ein Treffen mit Künstlern und Intellektuellen war ohne Angabe von Gründen abgesagt worden.
Danach reiste Franziskus in die Unruheprovinz Chiapas, wo seit Jahrhunderten Nachfahren der Maya-Völker immer wieder bewaffnet für ihre Rechte kämpfen - zuletzt 1994 im Zapatisten-Aufstand. In San Cristobal de las Casas, dem Wirkungsort des 2011 gestorbenen Befreiungstheologen Bischof Samuel Ruiz, feierte er eine Messe mit Tausenden Vertretern indigener Völker aus ganz Mexiko und aus mittelamerikanischen Nachbarstaaten. In einer viel beachteten Predigt rief er zu einer Vergebungsbitte angesichts des millionenfachen Unrechts auf, das die ersten Völker Amerikas erlitten und erleiden. Später betete er in Ruiz' Kathedrale.
Emotionaler Höhepunkt war der Besuch in Morelia. In der Hauptstadt des vom Drogenkrieg geplagten Bundesstaates Michoacan wurde der Papst am 16. Februar von Hunderttausenden begeistert gefeiert. In einer Messe forderte er Geistliche, Ordensleute und Seminaristen aus dem ganzen Land auf, der Versuchung der Resignation zu widerstehen und sich nicht als kirchliche Beamte in ihre Sakristeien zurückzuziehen.
Bei einem Treffen mit Zehntausenden Jugendlichen mahnte er mit scharfen Worten, nicht den materiellen Verlockungen des Drogenhandels und des Verbrechens nachzugeben und stattdessen das eigene Potenzial zu entdecken und ihre Hoffnung auf Jesus zu setzen. "Ihr seid der Reichtum Mexikos!", rief er ihnen zu und betonte: "Jesus würde uns nie auffordern, Auftragsmörder zu sein! ... Alles an ihm ist eine Einladung zum Leben."
Fünf Millionen erlebten den Pontifex
Die vierte Reise des argentinischen Papstes nach Lateinamerika hat abermals gezeigt, dass Franziskus auf seinem Heimatkontinent die Massen und die Medien in einer Weise bewegen kann, wie dies zuletzt Johannes Paul II. (1978-2005) in Osteuropa vermochte. Nach Vatikan-Schätzungen haben allein bei dieser Reise rund fünf Millionen Menschen den Papst am Straßenrand oder bei Veranstaltungen erlebt.
"Das Gebot 'Du sollst nicht töten' ist ein absoluter Wert und gilt sowohl für Unschuldige wie für Schuldige" - Treffen mit Patriarch Kyrill "prophetisch" - Mexiko-Reise "Geschenk für die Weltkirche"
Botschaften auf dem Kurznachrichtendienst begleiteten alle Stationen des Papstes - Soziale Appelle, Thema Barmherzigkeit und Maria von Guadalupe bildeten besondere Schwerpunkte
Pressekonferenz am Flug von Mexiko nach Rom thematisierte u.a. Wiederverheiratete, Pädophile, Migration, Empfängnisverhütung und Ökumene - Kritik an Mauerbau-Vorschlag durch Donald Trump, "Neugründung" für EU gefordert
Franziskus ging an die Grenzen - Historische Begegnungen und Fokussierung auf die großen Probleme Rassismus, Ungerechtigkeit, Drogenhandel, Migration - Fünf Millionen erlebten den Papst in Mexiko - Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel
Franziskus verurteilt bei Gottesdienst am Sperrzaun zwischen Mexiko und den USA den Menschenschmuggel - Gedenken an verstorbene Migranten, Opfer der Frauenmorde und der Drogenkriminalität - Mexiko ein "Land der Hoffnung"
Franziskus bei Treffen mit Industriellen und Fabriksarbeitern in Ciudad Juarez: "Gott wird von den Sklavenhaltern unserer Tage Rechenschaft fordern" - Soziallehre der Kirche eine "prophetische Stimme" für Menschenwürde
Franziskus im berüchtigten "Cereso 3" von Ciudad Juarez: Unsicherheit nur durch Resozialisierung sowie Vorbeugen durch Bildung, Freizeit und Bürgerbeteiligung zu überwinden - Häftlinge sollen zu Wandel beitragen und selbst "Propheten" sein
Franziskus fordert in Drogenkriminalitäts-Hochburg Morelia bessere Zukunftschancen für Jugendliche - Jugend soll sich als Staatsbürger sehen und "Sauerteig" für eine friedlichere Gesellschaft sein
In der Hochburg der Drogengewalt, Michoacan, wo der Papst so begeistert gefeiert wird wie auf noch keiner Reisestation, predigt er gegen die Resignation - von Ludwig Ring-Eifel
Franziskus bei Gottesdienst in Hochburg des Drogenhandels: "Nicht die Hoffnung von Problemen der Umgebung wie Gewalt, Korruption, Drogen und Menschenverachtung rauben lassen"
Beim Pressebriefing am Montagabend wandte sich Pater Lombardi gegen Versuche, Franziskus zu einer Begegnung mit den Eltern der Opfer von Iguala zu drängen
Der aus Österreich stammende Politikwissenschaftler Schedler, der in Mexiko über Kriminalität forscht, betont in Radio-Vatikan-Interview große Mitverantwortung der Regierung für Gewalt und Drogenkrieg
Franziskus bei Treffen mit Familien in Chiapas: Lieber eine verwundete Familie, die täglich den Ausdruck der Liebe versucht, als eine an Zurückgezogenheit und Bequemlichkeit erkrankte Gesellschaft - Papst fordert Existenzsicherung und mehr Unterstützungen für Familien
In mexikanischer Kinderklinik nimmt sich Franziskus viel Zeit und macht den kleinen Patienten Mut - Seine Botschaft: Kirche darf nicht fern sein vom Leid der Menschen - Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel (KNA)
Am zweiten Tag seiner Mexiko-Reise besuchte der Papst Ecatepec am Rande der mexikanischen Hauptstadt und hielt dort eine Messe vor Hunderttausenden Gläubigen. Dabei übernahm er seine Lieblingsrolle: die des Pfarrers - Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel
Franziskus feierte Messe vor Hunderttausenden in Ecatepec - Aappell an Christen, die Würde ihrer Mitmenschen zu respektieren und gegen Ungerechtigkeiten zu verteidigen
Wortlaut der Ansprache von Papst Franziskus an die Vertreter des öffentlichen Lebens, der Zivilgesellschaft und an das Diplomatische Korps von Mexiko am Samstag, 13. Februar
Es war der innigste Wunsch des Papstes, auf seiner Mexikoreise vor dem Marienbildnis von Guadalupe zu beten - Im größten Wallfahrtsort der Welt hatte Franziskus aber auch eine politische Botschaft - Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel
Franziskus mahnt bei Begegnung in Kathedrale von Mexiko-Stadt Episkopat zu Bescheidenheit und zu Transparenz - Bei internen Streitigkeiten "die offene Debatte unter Männern" suchen
Vatikansprecher Lombardi: Papst ist aber in Gedanken bei allen unter Gewalt leidenden Menschen - Unruheprovinz Michoacan sichert Grenzen für Papstbesuch
Landung auf dem Flughafen von Mexiko-Stadt, festliche Begrüßung durch Präsident Pena Nieto und Papamobil-Fahrt durch Mexikos Innenstadt - Anteilnahme für Opfer der Gefängnisrevolte
Angaben der örtlichen Bischofskonferenz zufolge ist Mexiko überdies das gefährlichste Land für Priester in Lateinamerika - Baldige Heiligsprechung eines Cristero-Kindes erinnert an wechselhafte Vergangenheit der Ortskirche
Republikanischer Präsidentschaftskandidat hält Franziskus in TV-Interview vor, Situation an Südgrenze für seine Zwecke auszunutzen - "Dieser Papst ist eine stark politisierende Person"
In Havanna trifft Franziskus am Abend als erster Papst der Kirchengeschichte mit dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., zusammen - Danach reist der Papst weiter nach Mexiko
Offener Brief eines breiten Bündnisses listet Morde, Entführungen und Folter der jüngsten Vergangenheit detailliert auf - Indigene, Frauen und Migranten besonders betroffen
20 Millionen Besucher kommen jährlich zum Wallfahrtsheiligtum in einem Außenbezirk von Mexiko-Stadt - Entstehung des Gnadenbildes trotz zahlreicher Untersuchungen bis heute unerklärlich
Treffen der Vertreter 100 indigener Völkern beim Papstbesuch nimmt Umweltenzyklika als Programm - Warnung vor Wasser- und Waldraub, extensiver Viehzucht, Bergbau, Ölförderung und Schnellstraßen
120 Jahre standen an der Spitze des zweitgrößten katholischen Landes meist militante Atheisten, Agnostiker oder Bekenntnisscheue - "Kathpress"-Hintergrundbericht von Thomas Jansen
Papst-Gastgeber in San Cristobal de Las Casas, Arizmendi: Indigene für Franziskus eine der bevorzugten Gruppen der "Kirche für die Armen" - Indigenen-Pastoral wichtiger Programmpunkt bei Chiapas-Besuch
Kriminalforscher Fondevilla im "Kathpress"-Interview: "Cereso 3"-Gefängnis ist Spiegel und eine der tiefsten Wunden Mexikos - Papst kann Bevölkerung für Menschenwürde der Kriminellen sensibilisieren
Papst Franziskus setzt mit einem Gebet am Grab von "Tatic Samuel" in San Cristobal de Las Casas ein Signal an die Kirche und Regierung Mexikos - Portrait von Johannes Pernsteiner
Stationen von 12. bis 17. Februar an Süd- und Nordgrenze, an einer Hochburg der Gewalt und Drogenkriminalität sowie am religiösen Zentrum des Landes - Zahlreiche soziale Appelle bei Pastoralreise ins zweitgrößte katholische Land erwartet
Franziskus in Interview mit mexikanischer Nachrichtenagentur: Mexikaner sollen keine Angst haben, sich Konflikten zu stellen - "Spirituelle Erneuerung" und Umsetzung des Glaubens im Alltag nötig