Früheres Sprachrohr von Papst Franziskus und dessen beider Vorgänger, P. Lombardi, bei Jubiläum "70 Jahre Kathpress": Neuer Umgang mit Skandalen wie Missbrauch oder "Vatileaks", aber auch bei jüngsten Bischofssynoden
Wien, 31.01.2017 (KAP) In der Kommunikation des Vatikans mit den Medien und der Öffentlichkeit gibt es eine Entwicklung hin zu immer mehr Transparenz. Diese Öffnung hat nach den Worten des langjährigen Vatikansprechers P. Federico Lombardi mit dem permanenten Nachrichtenfluss durch die Digitalisierung der Medien zu tun, aber auch mit dem Kommunikationsstil, der unter Papst Franziskus Einzug hielt. Als Beispiele für den erfolgten Wandel nannte Lombardi u.a. den Umgang mit Skandalen wie etwa sexueller Missbrauch in der Kirche oder den "Vatileaks"-Fällen, aber auch bei den beiden jüngsten Bischofssynoden zu Ehe und Familie.
P. Lombardi äußerte sich am Dienstagabend beim 70-Jahr-Jubiläum der katholischen Nachrichtenagentur "Kathpress" im Wiener Raiffeisenforum; rund 250 Mitfeiernde aus Kirche und Medien nahmen daran teil, darunter Kardinal Christoph Schönborn als österreichischer "Medienbischof". Festredner Lombardi war Leiter von "Radio Vatikan" und zehn Jahre lang auch des vatikanischen Presseamts, der Sala Stampa, bevor er diese Aufgabe im Vorjahr an den US-Amerikaner Greg Burke abgab. Durch diese Funktionen war der 74-jährige italienische Jesuit Sprachrohr dreier Päpste - vor Franziskus von Benedikt XVI. und Johannes Paul II.
In seiner Tätigkeit habe er neben vielem Positivem auch mit "Schwierigem, Schmerzhaftem und Problematischem" in der Kirche zu tun gehabt, sagte Lombardi rückblickend. Aber auch dabei sei ihm eine "Kultur der Transparenz" in der Vatikankommunikation ein großes Anliegen gewesen. Papst Benedikt XVI. sei es zu verdanken, dass z.B. beim Missbrauchsskandal eine "Perspektive des bewussten Hinsehens" eingenommen wurde. Damit sei einer "mitwissenden und mitschuldigen Kultur des Schweigens und der bewussten Vertuschung" eine Absage erteilt worden, die lange Zeit auch die Haltung der Kirche gekennzeichnet habe, und durch die Verantwortliche dachten, "erst sich selbst und dann erst die Missbrauchsopfern schützen zu müssen".
In vielen Fällen hätten erst Medien das Missbrauchsproblem ans Tageslicht gebracht - "oft mit großer Aggressivität und nicht immer mit Objektivität", aber doch mit dem Aufdecken einer "Wahrheit, die wir ernst nehmen müssen", wie Lombardi betonte. "Auf die Fragen und auf die Angriffe müssen ehrliche und glaubhafte Antworten gegeben werden, und zwar mit Geduld, mit Demut und mit Mut." Wie Benedikt habe auch Franziskus unmissverständliche Worte zum Thema gesprochen und versuche, den Weg einer "Kultur der Reinigung und der Prävention" aufrechtzuerhalten.
"Vatileaks": Blick in Vatikangerichtssaal
Auch bei "Vatileaks" (Copyright: Pater Lombardi) - also der unerlaubten Weitergabe vertraulicher Dokumente - sei auf Transparenz gesetzt worden, sagte der Jesuit. Die beiden Verfahren gegen den Kammerdiener Benedikts, Paolo Gabriele, und den COSEA-Kommissionssekretär Lucio Vallejo Balda sollten von der internationalen Presse "angemessen" mitzuverfolgen sein, weswegen er - Lombardi - im vatikanischen Gerichtssaal dabei war. Ein Novum, wie der frühere Vatikansprecher sagte: "Ich hätte mir in der Vergangenheit nicht vorgestellt, bei zwei Strafprozessen jeder Etappe zu folgen und Bericht zu erstatten. Im Vatikan versucht man Klarheit zu schaffen und Regeln der Gesetzlichkeit und der Korrektheit zu etablieren und ihnen durch Rechtsprechung Respekt zu verschaffen, und das betrifft auch Ökonomie und kommunikatives Handeln."
Fragen der Finanzen seien ein weiterer Gegenstand von Aufmerksamkeit und Neugier der öffentlichen Meinung, wies Lombardi hin. Auch hier habe er "mit Beständigkeit und mit Offenheit versucht, die nicht einfache Pflicht der Angleichung des Heiligen Stuhls und des Staates der Vatikanstadt an die internationalen Kontrollsysteme zu begleiten".
In der Öffentlichkeitsarbeit rund um die beiden Familiensynoden 2014 und 2015 im Vatikan galt es laut Lombardi im Sinne von Papst Franziskus wiederzugeben, dass es sich dabei wirklich um ein "gemeinsames Gehen" der kirchlichen Gemeinschaft ging. Statt bereitgestellter offizieller Zusammenfassungen der Wortmeldungen während der Generalversammlungen gab es nun eine direkte Kommunikation zwischen den Synodenvätern und den Journalisten. Viele Medienleute nahmen das tägliche Angebot wahr, im Pressesaal sehr verschiedenen Synodenvätern - etwa Kardinal Christoph Schönborn - zu begegnen, erinnerte Lombardi. Die Synode veröffentlichte außerdem alle Berichte der Arbeitsgruppen und den Abschlussbericht der Synode mit den Abstimmungsergebnissen.
Viele Medienereignisse von Weltrang
Ereignisse wie Pontifikatswechsel mit rund 8.000 akkreditierten Journalisten - 1.000 davon allein für die Neuen Medien -, der Tod Johannes Pauls II., der Amtsverzicht Benedikts XVI. hätten ohne Zweifel zu den größten weltweiten Kommunikations-Events in den ersten Jahren des dritten Jahrtausends gezählt, blickte Lombardi zurück. Auch die Selig- und Heiligsprechungen von Päpsten und von Mutter Teresa oder die Reisen der Päpste, oft mit Auftritten vor besonders relevanten Organisationen wie UNO, EU-Parlament, Deutschem Bundestag oder US-Kongress hätten enormes Interesse gefunden. Er habe eine ungewöhnlich schöne und privilegierte Aufgabe ausgeübt, merkte Lombardi an. Er habe insgesamt einer "ungemein positiven Kommunikation" gedient, "die im Wesentlichen aus Botschaften der Liebe, der Hoffnung, der Solidarität, der Menschenwürde, des menschlichen Wachstums, der Vergebung und des Friedens bestand".
In sein Jahrzehnt im Presseamt seien viele Veränderungen in der Medienwelt erfolgt, sagte Lombardi. Es gebe heute einen kontinuierlichen Nachrichtenfluss rund um die Uhr, mit einer Vermehrung und Fragmentierung der Stimmen, mit breaking news, das Überprüfen von Nachrichten werde schwieriger, zugleich wachse die Notwendigkeit, die Reaktionszeit darauf auf ein Minimum zu reduzieren. Dabei hatte Lombardi zu berücksichtigen, dass der vatikanische Pressesaal kein autonomer Organismus, "sondern Sprecher einer glaubwürdigen, aber auch komplexen Institution, die vor allem in der Vergangenheit nicht sehr daran gewohnt war, schnell und auf der Höhe heutiger kommunikativer Rhythmen zu antworten", berichtete er.
Er sei kein "digital native" und werde nostalgisch beim Denken an die Zeiten von Gutenberg, scherzte der 74-jährige Lombardi. Insofern sei es "richtig, dass nicht ich die Zukunft der vatikanischen Medien erfinde."
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