Claudio Hummes bestärkte den frisch gewählten Papst, sich Franziskus zu nennen - Zuletzt war es stiller um den früheren Präfekten der Kleruskongregation und Erzbischof von Sao Paolo geworden, vor der Amazonien-Synode ist wieder von ihm zu hören
Vatikanstadt, 20.09.2019 (KAP) Ohne Claudio Hummes gäbe es vielleicht gar keinen Papst Franziskus. Der brasilianische Kurienkardinal, der vor wenigen Wochen 85 geworden ist, war es, der den argentinischen Erzbischof Jorge Mario Bergoglio in der Sixtinischen Kapelle auf die Idee brachte, sich als erster Papst in der Geschichte nach dem heiligen Franz von Assisi zu benennen. So berichtete es zumindest Franziskus selbst drei Tage nach seiner Wahl vor Journalisten. "Vergiss die Armen nicht", habe Hummes ihm gesagt. Franziskus beherzigt die Bitte seines Freundes ganz offensichtlich.
Der aus einer deutschen Einwandererfamilie stammende Hummes, der selbst dem Franziskanerorden angehört, bekleidete von 2006 bis 2010 einen der einflussreichsten Posten im Vatikan: Er war Präfekt der Kleruskongregation und damit für einen großen Teil der damals rund 275.000 Diözesanpriester in der Weltkirche zuständig. Zuvor leitete er mit der sechs Millionen Katholiken zählenden Diözese Sao Paulo in Brasilien acht Jahre lang eine der größten Diözesen der Welt.
Seinen größten Auftritt hatte Hummes drei Jahre nach seiner Pensionierung: Am Abend des 13. März 2013, als er gemeinsam mit dem soeben gewählten Papst Franziskus und dem Kardinalvikar des Diözese Rom, Agostino Vallini, auf den mittleren Balkon des Petersdoms vor die Weltöffentlichkeit trat. Der Papst wollte seinen Freund Hummes in diesem entscheidenden Augenblick offenbar nicht missen.
Die beiden sind seit vielen Jahren befreundet; Hummes zählt nach wie vor zu den Beratern des Papstes aus Argentinien. In der Öffentlichkeit äußerte sich der frühere Kurienkardinal, der heute wieder in Brasilien lebt, lange Zeit nicht mehr. In den Jahren seit seiner Emeritierung wirkte er u.a. als Vorsitzender der Amazonien-Kommission der Brasilianischen Bischofskonferenz. Vor der Amazonien-Synode ist nun auch weltkirchlich wieder von ihm zu hören. Papst Franziskus ernannte Hummes, der auch Präsident des kirchlichen Panamazonien-Netzwerks REPAM ist, in eine der Spitzenfunktionen für die von 6. bis 27. Oktober in Rom angesetzte Synode: Als Generalrelator hat der brasilianische Kardinal eine Schlüsselfunktion für die inhaltliche Arbeit und Erstellung des Abschlussdokuments.
Öffnung der Kirche
In einem Interview der Jesuiten-Zeitschrift "Civilta Cattolica" sprach sich Hummes jüngst für eine Öffnung der Kirche aus. "Wir brauchen dringend Neues, ohne Angst und Widerstand", sagte der Kardinal. Alt und neu müssten sich verbinden. Die Synode diene dazu, neue Wege aufzuzeigen, wo sie sich als notwendig erwiesen.
Hummes unterstützt eine "indigene Kirche", die ihre eigene Kultur, Identität, Geschichte und Spiritualität hat und zugleich mit der katholischen Weltkirche geeint ist. Die anstehende Synode lege Nachdruck auf die Verschiedenheit innerhalb der Einheit der Kirche. Dafür seien Amazonien und die Kirche dort ein Beispiel, das von der übrigen Kirche offen aufgenommen werden sollte.
Im Juni nahm Hummes in Rom an einem theologischen Vorbereitungstreffen zur Amazonien-Synode teil. Unter den weiteren Teilnehmern waren Synoden-Generalsekretär Kardinal Lorenzo Baldisseri, Amazonas-Bischof Erwin Kräutler, der deutsche Bischof Franz-Josef Overbeck oder der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper. In ihrer Kritik an dem vermeintlichen "Geheimtreffen" subsumierten einschlägig traditionalistische Internet-Blogs Hummes, dessen Vorfahren aus dem deutschen Hunsrück stammen, sogleich unter "den Deutschen", die der Kirche ein progressistisches Antlitz verpassen wollten.
In einem Artikel für die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" lenkte Hummes derweil den Blick auf die Belange der Indigenen, Menschenrechte und Umweltschutz als Themen der Synode und forderte zum Schutz Amazoniens einen dringenden Wandel der Entwicklungsmodelle. Bisher herrschten wirtschaftliche und private Interessen vor, die einer "Neuauflage des Kolonialismus" gleich kämen. Wenn sich daran nichts ändere, "wird die ganze Region zerstört werden, mit all den verheerenden Folgen, die schon absehbar sind", so Hummes.
Konkret prangert der Kardinal die Ausnutzung der natürlichen Ressourcen durch Industrie und Politik an, etwa durch große Energiegewinnungsprojekte. "Mit Entwaldung und Umweltverschmutzung geht die immense, reiche und komplexe Biodiversität dieses Lebensraums verloren", so Hummes. Zudem würden durch die Zerstörung ihres Lebensraums auch tausende Indios gezwungen, in Städte zu migrieren.
Kathpress-Themenschwerpunkt mit Meldungen und Hintergrundberichten zur bevorstehenden Amazonien-Synode abrufbar unter www.kathpress.at/amazoniensynode
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