Direktorin der Caritas Jerusalem, Sr. Tighe, in aktuellem Schreiben an "Initiative Christlicher Orient" (ICO): Erste Lockerungen der strengen Covid-19-Maßnahmen machen mehr Hilfe für notleidende Bevölkerung möglich - ICO hat Corona-Spendenkampagne laufen
Jerusalem/Linz, 14.05.2020 (KAP) Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben in Palästina zu schlimmen sozialen und humanitären Folgen geführt. Nachdem sowohl die israelischen als auch die palästinensischen Behörden nun aber vor wenigen Tagen die Maßnahmen gelockert haben, gibt es auch ein wenig Licht am Ende des Tunnels. Das geht aus einem aktuellen Bericht von Sr. Bridget Tighe, Direktorin der Caritas Jerusalem, hervor. Zum einen dürften nun wieder 8.500 Palästinenser aus dem Westjordanland zu ihren Arbeitsstellen in Jerusalem. Zum anderen erlaube die größere Bewegungsfreiheit nun auch der Caritas, die besonders von Not betroffenen Menschen wieder schneller zu erreichen, so Tighe. Das Kathpress vorliegende Schreiben hat die Caritasdirektorin an das in Linz ansässige Hilfswerk "Initiative Christlicher Orient" (ICO) gerichtet, das ein Projektpartner der Caritas Jerusalem ist. Tighe bat zugleich um weitere Hilfe
Abertausende Palästinenser, die sich als Tagelöhner oder in prekären Arbeitsverhältnissen in Israel oder Palästina verdingten, hatten Anfang März - bedingt durch den Corona-Lockdown - mit einem Schlag ihre Arbeit verloren. Ein soziales Netz gibt es in Palästina nicht. In der aktuellen Ausgabe des Magazin "Information Christlicher Orient" berichtet Sr. Tighe über die Auswirkungen des Lockdowns im Westjordanland: "Es gibt so viele extrem arme Familien, die von Tag zu Tag ums Überleben kämpfen und keinerlei Ersparnisse haben. Die Männer konnten sich aufgrund der Ausgangssperren nicht wegen Arbeit umsehen. Dazu kommen überfüllte Wohnungen. Die Kinder sind aufgrund der Schulschließungen zu Hause. Das führt zu vermehrtem Stress für die Menschen und auch zu wesentlich mehr häuslicher Gewalt."
Die Caritas Jerusalem versorgt die ärmsten Familien in Palästina mit Nahrungsmittel- und Hygienepaketen. Hygieneartikel seien auch deshalb so wichtig, weil die Familien, sofern etwas Geld übrig ist, dieses für Essen benötigen, erläuterte Sr. Tighe. Für Hygiene bleibe nichts übrig und das wiederum fördere die Gefahr, dass sich das Virus stärker verbreitet.
ICO-Spendenkampagne
Die ICO hat derzeit eine Corona-Spendenkampagne laufen. Die Gelder sollen die größte Not in Palästina, aber auch in Syrien, dem Irak und im Libanon lindern helfen. ICO-Obmann Slawomir Dadas ruft in der aktuellen Ausgabe des ICO-Magazins zur Solidarität über Grenzen hinweg auf: "Meinen Glauben an die Menschen, dass sie durch die gezwungene und nötige Isolation sensibler für die Not der anderen und dadurch auch solidarischer werden, möchte ich nicht aufgeben", so Dadas wörtlich. Mehr als 60.000 Euro wurden von der ICO in einer ersten Tranche bereits an die Partner im Nahen Osten überwiesen.
Hilfe für 30.000 Menschen
Die "Caritas Jerusalem" wurde 1967 nach dem Sechstagekrieg gegründet. Sie gehört organisatorisch zum Lateinischen Patriarchat von Jerusalem. Die Caritas ist in Ost-Jerusalem, dem Westjordanland und im Gaza-Streifen tätig. In Gaza sei ein großer Corona-Ausbruch bislang - "Gott sei Dank" - ausgeblieben, so Sr. Tighe in ihrem aktuellen Bericht. Die Caritas stehe vor Ort aber "Gewehr bei Fuß", ist sie in Gaza vor allem auch im medizinischen Sektor tätig und würde im Falle eines Corona-Ausbruchs mit mobilen medizinischen Stationen zum Einsatz kommen.
Insgesamt profitieren jedes Jahr rund 30.000 Personen von den Aktivitäten der Caritas Jerusalem. Die Hilfe kommt dabei Christen wie Muslimen gleichermaßen zugute. Im Rahmen eines Mikro-Kredit-Projekts können sich Palästinenser im Westjordanland beispielsweise ein kleines Unternehmen aufbauen oder ihre landwirtschaftlichen Güter modernisieren. Für Frauen gibt es auch Ausbildungslehrgänge, etwa zur Schneiderin.
Ein besonderes Anliegen ist der Caritas Jerusalem auch die Jugend. Neben Sommercamps und anderen Freizeitaktivitäten gibt es auch zahlreiche ständige Jugendtreffs. Aber auch für die alten Menschen ist die Caritas aktiv. So betreibt sie im Westjordanland bei Ramallah beispielsweise ein Altenheim. "Das haben wir dieser Tage nach zwei Monaten endlich wieder von Jerusalem aus erreichen können", so Sr. Tighe. (Infos und Spenden: www.christlicher-orient.at)