Theologie-Dekane in Stellungnahme zum Gesetzesentwurf: Prinzipielle Zustimmung zum gewählten Modell des Ethikunterrichts als alternativer Pflichtgegenstand, jedoch Kritik daran, dass im Gesetzesentwurf Theologie als Wissenschaft fehlt
Wien, 12.06.2020 (KAP) Die Dekane der theologischen Fakultäten begrüßen prinzipiell den Gesetzesentwurf zum Ethikunterricht und damit das Modell eines Ethikunterrichts als alternatives Pflichtfach. Zugleich üben sie in ihrer Stellungnahme, die Kathpress vorliegt, Kritik daran, dass die Theologie als Bezugswissenschaft für den Ethikunterricht ausgespart werde. Daraus spreche Abgrenzung statt Kooperation. "Wir fordern daher, 'Theologie' explizit als Bezugswissenschaft in den Gesetzestext aufzunehmen" und neben den im Gesetzesentwurf genannten Fächern wie Psychologie, Soziologie, Religionswissenschaft etc. eigens anzuführen, heißt es in der Stellungnahme, die Kathpress vorliegt.
Lob seitens der Dekane gibt es dafür, dass der Wert des konfessionellen Religionsunterrichts ausdrücklich benannt werde: "Es wird darin sowohl die wichtige Bildungsaufgabe des bestehenden konfessionellen Religionsunterrichts wie auch die Notwendigkeit einer umfassenden ethischen Bildung aller Schülerinnen und Schüler durch den alternativen Ethikunterricht festgehalten."
Die Tatsache jedoch, dass Religionen "nicht ohne ihre Theologien verstanden" werden können, ziehe nach sich, dass neben der Religionswissenschaft auch die Theologie in einem ausgewogenen Konzept eines Ethikunterrichts Beachtung finden müsse: "Theologien unternehmen die wissenschaftlich multidisziplinäre, kritische Reflexion der jeweiligen Religion aus einer Innenperspektive heraus. Damit stellen sie einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag für einen Diskurs in einer wertepluralistischen Gesellschaft dar."
Zudem verweisen die Dekane darauf, dass die Theologie auch für eine philosophische Ethik eine selbstverständliche wichtige Bezugswissenschaft darstellt - schließlich könne die Theologie dazu beitragen, dass im Diskurs zwischen "säkularistischen und religiös-fundamentalistischen Gruppen" Fronten aufgebrochen werden: "Philosophie und Theologie haben eine lange und erfolgreiche Tradition des Dialogs. In der aktuellen christlichen Theologie wird zudem Ethik nicht als Anwendung dogmatischer Aussagen betrieben, sondern auf der Basis philosophischer Vernunft; damit ist die Diskursfähigkeit in den säkularen Raum wesentliches Element auch der religiösen Ethik." Entsprechend sei die Theologie bzw. seien die theologischen Fakultäten auch seit vielen Jahren maßgeblich in der Ausbildung von Ethiklehrerinnen und -lehrern sowie bei der Entwicklung von Curricula involviert.
Unterzeichnet wurde die Stellungnahme von den Dekanen der katholisch-theologischen Fakultäten, Johann Pock (Wien), Christoph Heil (Graz), Josef Quitterer (Innsbruck), Christoph Niemand (Linz), Alois Halbmayr (Salzburg) und dem Dekan der evangelisch-theologischen Fakultät in Wien, Rudolf Leeb.
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