Liebmann im 88. Lebensjahr verstorben - Er zählte zu den renommiertesten österreichischen Kirchenhistorikern der Gegenwart - Bischof Krautwaschl würdigt verstorbenen Kirchenhistoriker - Requiem am 3. Februar um 14 Uhr im Grazer Dom
Graz, 25.01.2022 (KAP) Der emeritierte Grazer Kirchenhistoriker Prof. Maximilian Liebmann ist im 88. Lebensjahr am Dienstag (25. Jänner) kurz nach Mitternacht verstorben. Er befand sich zuletzt wegen einer schweren Lungenentzündung in Spitalsbehandlung. Liebmann zählte zu den renommiertesten österreichischen Kirchenhistorikern der Gegenwart. Bahnbrechend waren seine Arbeiten über die Situation der Kirche während der Zeit des "Ständestaates" und des Nationalsozialismus. Im Fall des Wiener Kardinals Theodor Innitzer (1875-1955) gelang es Liebmann, die dramatischen Ereignisse in den Monaten nach dem deutschen Einmarsch in Österreich 1938 zu rekonstruieren. Seine von gründlichem Quellenstudium geprägten Arbeiten fanden weit über den Fachbereich hinaus große Beachtung.
Das Requiem für den Verstorbenen wird am 3. Februar um 14 Uhr im Grazer Dom stattfindet. Seine sterbliche Hülle wird zuvor ab 12 Uhr im Dom aufgebahrt. Die Beisetzung findet im Anschluss an das Requiem auf dem Friedhof Graz-St. Leonhard statt.
Bischof Wilhelm Krautwaschl hat das Lebenswerk des Verstorbenen gewürdigt. Mit seinem "profunden Wissen" habe Liebmann unzähligen Studierenden "die Stärken, aber auch die Schwächen der katholischen Kirche offengelegt und viel zur Aufarbeitung unserer Kirchengeschichte beigetragen", betonte der Grazer Bischof am Dienstagnachmittag. Gleichzeitig sprach Krautwaschl der Familie des Verstorbenen "das Beileid der Diözese Graz-Seckau" aus.
Leidenschaft für Kirchengeschichte
Auch die Leiterin des Instituts für Kirchengeschichte und Kirchliche Zeitgeschichte an der Universität Graz, Prof. Michaela Sohn-Kronthaler, würdigte in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress das Lebenswerk des Verstorbenen. Liebmanns Begeisterung für die Wissenschaft und seine Leidenschaft für das Fach Kirchengeschichte seien ansteckend gewesen; unvergesslich sei für sie "sein unermüdlicher Fleiß, sein Interesse an kirchlichen, gesellschaftlichen und politischen Ereignissen, die er stets zu kommentieren wusste". Gerne erinnere sie sich auch an die vielen gemeinsamen Gespräche und wertvollen Begegnungen, auch nach seiner Emeritierung, so Sohn-Kronthaler, die noch am Sonntagabend mit Liebmann telefoniert hatte.
Maximilian Liebmann, "ein bekennender Katholik und tief in der Kirche verwurzelt", habe mit seinen Forschungsschwerpunkten (der Reformationsgeschichte, der Kirchlichen Zeitgeschichte sowie der Spezialisierung auf die Österreichische Kirchengeschichte) das Profil des Grazer Kirchengeschichte-Instituts bis heute deutlich geprägt. Kronthaler: "Er hat dort den Schwerpunkt Kirchliche Zeitgeschichte begründet - erstmalig an einer Katholisch-Theologischen Fakultät in Österreich.
Liebmanns Offenheit und Weite sei es auch mit zu verdanken, dass an der Theologischen Fakultät Graz, der er von 1991 bis 1999 als Dekan vorstand, der Forschungsschwerpunkt Frauen- und Geschlechterforschung erstmalig an einer Katholisch-Theologischen Fakultät in Österreich eingerichtet wurde, welcher auch zu den Schwerpunkten des Grazer Kirchengeschichte-Instituts zählt.
Maximilian Liebmann (1934-2022)
Ursprünglich Religionslehrer, erhielt Maximilian Liebmann 1977 die "venia docendi" für Kirchengeschichte. Zwei Jahre später wurde er außerordentlicher Professor an der Grazer Universität, 1982 übernahm er die Leitung der Abteilung für Theologiegeschichte und kirchliche Zeitgeschichte. 1989 wurde er Ordentlicher Professor für Kirchengeschichte an der Grazer Theologischen Fakultät, wo er als Institutsvorstand seinem Lehrer - Prälat Karl Amon - folgte. Bereits im Jahr danach wurde der Laie und verheiratete Familienvater Liebmann zum Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät gewählt - eine Funktion, in der er mehrmals durch Wiederwahl bestätigt wurde. 2002 erfolgte seine Emeritierung, nach der er jedoch über Jahre hinweg durch Publikationen und Vorträge im wissenschaftlichen Diskurs präsent blieb.
Der am 6. September 1934 in Dillach bei Graz als Sohn einer katholisch geprägten Bauernfamilie geborene Zeithistoriker war seit seiner Studienzeit in katholischen Laienorganisationen engagiert, insbesondere beim Cartellverband, dessen Bildungsakademie er reorganisierte. Liebmanns Habilitationsschrift über die frühe Reformationsgeschichte wurde 1977 mit dem "Kardinal-Innitzer-Förderungspreis" ausgezeichnet, seine Arbeiten über Kirche und Nationalsozialismus würdigte 1982 der "Vogelsang-Staatspreis für die Geschichte der Gesellschaftswissenschaften", sein Gesamtwerk 1994 der "Große Josef-Krainer-Preis".
Prof. Liebmann wurde auch von Land und Kirche vielfach geehrt. Unter anderem erhielt er das päpstliche Komturkreuz des Silvesterordens (1993), das große Goldenes Ehrenzeichen des Landes Steiermark (1994), das große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1994) oder das Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (1999). Seit 2016 war er "Bürger der Stadt Graz".
Prof. Liebmann war freilich nicht nur mit der Wissenschaft verbunden, sondern nahm auch regen Anteil am Leben der Kirche. 1970 gründete er das Diözesankommitee der katholischen Organisationen Steiermark (DKO) - ein Zusammenschluss von 23 Laienorganisationen, die nicht der Katholischen Aktion (KA) angehören. Ein Vertreter der DKO ist nach wie vor im Diözesanrat der Diözese Graz-Seckau vertreten.