Beck: "Hochschätzung des Einzelnen" Aufgabe für Theologie und Kirche
01.07.202215:27
Österreich/Universität/Theologie/Beck
Moraltheologe und Mediziner bei Abschiedsvorlesung an Universität Wien: Seelische Gesundheit und körperliche Gesundheit hängen eng miteinander zusammen - "Wir müssen den Menschen wieder stärker zu sich selbst führen - das haben wir als Kirche und Theologie zuletzt vernachlässigt"
Wien, 01.07.2022 (KAP) Die "Hochschätzung des Einzelnen" zählt laut dem Moraltheologen und Mediziner Matthias Beck zu den zentralen "und zuletzt vernachlässigten" Aufgaben von Theologie und Kirche. "Wir müssen den Menschen wieder stärker zu sich selbst führen" - das führe nicht nur zu einer größeren seelischen Zufriedenheit, sondern habe darüber hinaus auch körperlich positive Folgen für die Gesundheit, betonte Beck im Rahmen eines Vortrags am Donnerstagabend in Wien. Der Vortrag stand unter dem Titel "Die Hochschätzung des Einzelnen - Zur Beziehung von Medizin, Ethik und Spiritualität" und stellte zugleich den Abschiedsvortrag von Beck dar, der seit 2007 als Ao. Professor Moraltheologie mit dem Schwerpunkt Medizinethik an der Universität Wien lehrte.
Die Bedeutung des Einzelnen sei u.a. in der Corona-Pandemie sichtbar geworden, in der sich der Mensch "auf sich selbst zurückgeworfen" erlebt habe und vor der Aufgabe gestanden sei, "sich selber auszuhalten, ohne krank zu werden". Tatsächlich würde die Psycho-Neuro-Immunologie inzwischen den Konnex zwischen seelischem und körperlichem Wohlbefinden und Gesundheit thematisieren. Es sei jedenfalls "zu kurz gegriffen", den Seelenbegriff nur auf psychologische Fragen zu reduzieren, so Beck. "Wenn wir - auch als Theologen - den Menschen ganz erfassen wollen, dann müssen wir einen umfassenden Seelenbegriff verwenden."
Das Christentum kenne einen solchen umfassenden Seelenbegriff und begreife körperliche Gesundheit daher auch als einen Ausfluss seelischer Gesundheit. Daher lohne - auch aus medizinischer Sicht - ein Blick auf die Werkzeuge und Traditionen des Christentums, wie etwa auf die Ignatianischen Exerzitien, die göttliche und menschliche Momente aufeinander bezogen begreifen. Dem Christentum komme somit "eine Art Hebammen-Funktion bei der Menschwerdung des Menschen zu", so Beck. Und weiter: "Wenn ich meinen inneren Frieden gefunden habe, meine Berufung gefunden habe, so wird sich das auch auf mein Immunsystem und meine körperliche Gesundheit positiv auswirken."
Der 1956 in Hannover geborene Beck studierte zunächst bis 1987 Pharmazie und Medizin in Münster und München. 1988 promovierte er in Münster zum Dr.med. Zudem studierte er bis 1989 Philosophie an der Hochschule für Philosophie in München und bis 1993 katholische Theologie an der Universität München. Es folgte 1999 die Promotion in katholischer Theologie zum Thema "Seele und Kranksein. Krankheit im Spannungsfeld zwischen psychosomatischer Medizin und theologischer Anthropologie". 2007 habilitierte sich Beck im Fach Moraltheologie mit Schwerpunkt Medizinethik an der Universität Wien (Thema: "Mensch-Tier-Wesen und andere alternative Quellen für pluripotente Stammzellen"). Seit 2007 war er Außerordentlicher Universitäts-Professor für Moraltheologie/Schwerpunkt Medizinethik an der Universität Wien.
Beck war außerdem Sachverständiger im Deutschen Ethikrat und ist gegenwärtig Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben sowie Mitglied der österreichischen Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt. 2011 wurde Beck zum Priester geweiht. Zuletzt ist sein Buch "Gott finden. Wie geht das?" (Wien-Graz 2020) erschienen.