Burgenländischer Militärgeistlicher Wessely führt Soldaten seit Jahren über den Wiener Zentralfriedhof: Thema Tod und Vergänglichkeit beschäftigt Menschen, "auch wenn wir es - so wie die gesamte Gesellschaft - immer gerne verdrängen"
Wien, 21.10.2022 (KAP) Die existenziellen Fragen nach Tod und Vergänglichkeit beschäftigen auch die Soldatinnen und Soldaten des Österreichischen Bundesheeres. Für einen niederschwelligen Zugang zur Beschäftigung mit dem Thema "Tod" bietet Militärdekan Alexander Wessely, Pfarrer in der katholischen Militärpfarre Burgenland, seit einigen Jahren Exkursionen für Angehörige des Bundesheeres auf den Wiener Zentralfriedhof an. "Die Nachfrage ist ungebrochen", berichtet der Militärpfarrer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress. Das liegt wohl auch daran, dass Wessely sein umfangreiches Wissen über Europas zweitgrößten Friedhof, das er sogar in einem Buch niedergeschrieben hat, stets mit einer Portion Humor und Augenzwinkern vermittelt.
Niemand, ob Grundwehrdiener, gestandener Soldat, oder Zivilbediensteter, verlasse den Friedhof mit demselben Glauben, mit dem er ihn betreten hat, weiß Wessely aus Erfahrung. Das Thema "Tod" beschäftige die Menschen, "auch wenn wir es - so wie die gesamte Gesellschaft - immer gerne verdrängen". Neben Neugier und Schaudern würden auch immer wieder Fragen, wie "Was kommt nach dem irdischen Tod?", aufgeworfen. "Und da sind wir dann schon ganz tief im Thema Religion und Glauben." Die Frage, die aber am Friedhof auch immer gestellt werde, sei Gretchens Frage aus Goethes Faust: "Wie hältst Du's mit der Religion - Wie hältst Du es mit dem Glauben an die Auferstehung".
Seine Erfahrungen in den Exkursionen hat der Priester, Schauspieler und Autor auch in einem Buch unter dem Titel "Auf Augenhöhe mit drei Millionen Wienern: Ein Spaziergang auf dem Wiener Zentralfriedhof" zusammengefasst. Man könne das Buch als Wegweiser durch den Friedhof lesen, oder einfach als "schön-schaurige Gute-Nacht-Lektüre".
Feste wie Allerheiligen und Allerseelen hätten für katholische Soldaten zuerst einmal die dieselbe Bedeutung wie für alle anderen Mitbürgerinnen und Mitbürger, so Wessely. Einen Unterschied gebe es aber darin, dass das kollektive Kameradengedenken mit Kranzniederlegungen hinzukommen. Dies habe im Selbstverständnis von Soldatinnen und Soldaten durchaus eine große Bedeutung.
Militärseelsorger haben Verantwortung
Für den Theologen stehen Militärseelsorger in der besonderen Verantwortung, besonders sensibel an das Thema "Tod" heranzugehen. Das gelte besonders ethischen Problemfeldern, bei Fragen etwa nach dem "Heldentod" oder dem "gerechten Krieg". "Wie viele sind auf den Schlachtfeldern dieser Welt elendiglich krepiert, haben in der Stunde ihres Todes nach ihrer Mutter oder Gott gerufen?", so Wesselys rhetorischer Einwand.
Das gelte auch für den Krieg in der Ukraine, der in den Kasernen natürlich ein Gesprächsthema sei "und zwar nicht nur aus militärischer oder politischer Sicht, sondern auch aus menschlicher", wie Wessely erklärt. "Wie geht es den Kameraden, wie ihren Familien? Da wird schon mancher nachdenklich." Die "Seifenblase" eines friedlichen Europas sei jedenfalls endgültig geplatzt "und somit rücken auch wieder Kriegsherde der letzten Jahrzehnte in Europa ins Gedächtnis der Kameraden". Für ihn sei es jedenfalls legitim und wichtig, sich bereits jetzt die Frage zu stellen, wie eine Zeit nach dem Krieg aussehen könne, "denn letztlich gilt es - so paradox es ist - schon während des Kriegs an die Zeit danach, an den Frieden zu denken", so die Überzeugung des Militärseelsorgers.
(Diese Meldung ist Teil eines Kathpress-Themenpakets zu Allerheiligen und Allerseelen. Alle Meldungen des Schwerpunkts sind abrufbar unter www.kathpress.at/allerheiligen)