Budapest, 17.04.2023 (KAP) Die Geschichte Ungarns ist eng mit der katholischen Kirche verknüpft. Der heiliggesprochene König Stephan I. (997-1038) begründete nicht nur den ungarischen Staat, sondern auch zehn Diözesen und mehrere Benediktinerabteien, darunter die heutige Erzabtei Pannonhalma. Vor 1945 bestand in Ungarn noch ein weitgehend geschlossenes katholisches Milieu. In kommunistischer Zeit wurden die Kirche und ihre Mitglieder teils scharf verfolgt, überwacht und diskriminiert; Religionsausübung war auf die kirchlichen Gebäude beschränkt, Religionsunterricht weitgehend untersagt. Von den zuvor mehr als 10.000 Ordensleuten konnten nur einige hundert ihre Arbeit weiterführen.
Seit der politischen Wende 1989 herrscht in Ungarn Religionsfreiheit. In den ersten Jahrzehnten nach dem Ende des Kommunismus galt im Land eine im europäischen Vergleich sehr liberale Praxis zur Anerkennung von Religionsgemeinschaften mit einer leicht durchführbare Registrierung auf kommunaler Ebene. 2012 wurde das Anerkennungsrecht mit verschiedenen Stufen neu geregelt, seither sind 32 Kirchen und Religionsgemeinschaften als "etabliert" staatlich anerkannt.
Staat und Kirche sind getrennt, die katholische Kirche und auch andere christliche Konfessionen haben aber teils enge Beziehung zum Staat. Ungarische Bürger können ein Prozent ihrer Einkommenssteuer an eine von ihnen gewählte staatliche anerkannte Kirche oder Religionsgemeinschaft übertragen lassen. Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban unterstützt darüber hinaus vergleichsweise großzügig Kirchenrenovierungen und kirchliche Privatschulen. Den Religionsgemeinschaften werden gezielt Aufgaben in den Bereichen Bildung, Soziales und Kultur übergeben, was auch Kritik auslöst.
Laut jüngster Volkszählung 2022 zählt Ungarn rund 9,6 Millionen Einwohner. Rund zwei Drittel von ihnen sind katholisch getauft, und bei einer Eurobarometer-Umfrage 2019 bezeichneten sich rund 60 Prozent als katholisch. Auch das vatikanische Jahrbuch verzeichnet für das Land mehr als 6 Millionen Katholiken. Aktuelle Religionsdaten aus dem Zensus 2022 liegen noch nicht vor. Zur Volkszählung 2011 aber identifizierten sich nur 39 Prozent der Ungarn als Katholiken, dahinter folgten 11,6 Prozent Reformierte (Calvinisten) und 2,2 Prozent Lutheraner. Zu beachten ist, dass bei der Volkszählung 2011 mehr als ein Viertel der Befragten (27,2 Prozent) die Möglichkeit nutzte, die Frage zur Religionszugehörigkeit nicht zu beantworten. 18,2 Prozent bezeichneten sich ausdrücklich als konfessionslos. Der Anteil der Nicht-Religiösen ist im Osten des Landes deutlich höher als im Westen.
In der katholischen Kirche in Ungarn gibt es nach einer 1993 erfolgten Neugestaltung der Strukturen 13 römisch-katholische Diözesen, 4 davon sind Erzdiözesen; 2015 errichtete Papst Franziskus zudem eine Metropolie (Erzdiözese) und zwei Eparchien (Diözesen) für die mehr als 260.000 Katholiken des byzantinischen Ritus. Der katholische Erzbischof von Esztergom-Budapest, derzeit Kardinal Péter Erdö (70), ist zugleich Primas von Ungarn. Vorsitzender der Bischofskonferenz ist seit 2015 Diözesanbischof András Veres (63) von Györ (Raab). Oberhaupt der katholischen Ostkirche in Ungarn ist der griechisch-katholische Erzbischof Peter Fülöp Kocsis (60).
Landesweit gibt es mehr als 2.000 katholische Pfarren. Eines der großen Probleme der Kirche ist wie auch andernorts ein zunehmender Priestermangel; etwa 2.000 Diözesan- und Ordenspriester leben in Ungarn. Der Klerus ist überaltert. Nicht umfassend geklärt ist für die kommunistische Zeit eine mögliche Verstrickung der Kirche in die Arbeit des Geheimdienstes.
(Diese Meldung ist Teil eines Kathpress-Themenschwerpunkts zur Papstreise nach Ungarn. Alle Meldungen, Stichworte und Hintergrundberichte sind gesammelt abrufbar unter: www.kathpress.at/Papst-in-Ungarn)