In den 1970er und 1980er Jahren im französischen Exil, war Kolar nach der Wende in der Tschechoslowakei Bannerträger eines weltoffenen Katholizismus
Prag, 26.05.2023 (KAP) Mit dem Jesuiten Petr Kolar ist einer der wichtigsten katholischen Intellektuellen Tschechiens im Alter von 82 Jahren gestorben. Getragen von seinen Erfahrungen im französischen Exil in den 1970er und 1980er-Jahren, war Kolar nach seiner Rückkehr in die damalige Tschechoslowakei Bannerträger eines weltoffenen Katholizismus. Maßgeblich beteiligte er sich etwa am Aufbau einer auch selbstkritischen Medienarbeit der Kirchen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wie der Jesuitenorden mitteilte, starb Kolar bereits am 20. Mai in Prag.
1941 in einer Arbeiterfamilie geboren, war Kolar der Weg zum Priestertum zunächst verwehrt. Das Studium an der Montanistischen Hochschule brach er nach acht Semestern infolge des sogenannten Prager Frühlings jäh ab, da er von einem Bergsteigerurlaub in Jugoslawien im Sommer 1968 nicht in die Heimat zurückkehrte und stattdessen in Wien um die Aufnahme ins Noviziat der Jesuiten ansuchte. Das Theologiestudium absolvierte Kolar in Deutschland, den USA und in Frankreich. 1976 nahm er die österreichische Staatsbürgerschaft an.
Maßgeblich prägte Kolar sein langjähriger Aufenthalt in Paris, wo er die Seelsorge für die tschechischen Exilanten aufbaute, aber auch in das liberale Klima in Frankreich eintauchte. Nach seiner Rückkehr nach Prag 1989 kümmerte sich Kolar umgekehrt bis zuletzt um die dortige französische Gemeinde. Es war maßgeblich Kolars an westlichen Maßstäben orientierten Medienarbeit zu verdanken, dass die katholische Kirche nach der Wende im öffentlich-rechtlichen Radio Prag Fuß fassen konnte. Dies galt umso mehr, als die Jesuiten in Böhmen bis heute dem Vorurteil ausgesetzt sind, die Vorhut einer Gegenreformation zu sein.