Medizinethiker Manzeschke: Menschliche Nähe durch Technik nicht ersetzen, sondern fördern - IMABE-Symposium am 8. November über KI in Pflege und Medizin
Wien, 01.10.2024 (KAP) Menschliche Nähe in der Pflege sollte durch Technik nicht ersetzt, sondern gefördert werden: Dafür hat sich der deutsche Medizinethiker Arne Manzeschke in einem Interview mit dem IMABE-Institut (Montag) ausgesprochen. Der Leiter des Instituts für Pflegeforschung, Gerontologie und Ethik (IPGE) in Nürnberg vertritt die Ansicht, dass humanoide Roboter in naher Zukunft nicht zu erwarten seien. Es sei wichtig, die Pflege mit technischer Unterstützung so zu gestalten, "dass Menschen Zeit haben, sich den Pflegebedürftigen zuzuwenden". Manzeschke wird dazu am 8. November beim Auftakt des Wiener IMABE-Symposiums referieren.
Im Pflegesektor herrsche noch immer "viel Zurückhaltung und Ignoranz" gegenüber technischer Unterstützung, so Manzeschkes Wahrnehmung. Die weitverbreitete Haltung "Technik brauchen wir nicht, es geht ja um Menschen" sei eine "Illusion" angesichts des Personalmangels und des wachsenden Pflegebedarfs. Die Pflegebranche müsse ein realistisches Bild ihrer eigenen Fähigkeiten entwickeln und akzeptieren, dass Technik zukünftig unverzichtbar sein wird. Dies erfordere einen Lernprozess sowie auch aktive Mitgestaltung bei der Forschung, Entwicklung und Anwendung von Pflegetechnologien.
Aktuell könne kein Roboter komplexe Pflegetätigkeiten übernehmen, stellte Manzeschke klar. Einige Technologien, wie intelligente Betten und Transportsysteme, erleichterten jedoch bereits heute den Pflegealltag, indem sie einfache logistische Aufgaben übernehmen. Dennoch dürfe man Technik nicht überschätzen: Zwar gebe es Hoffnungen, Technologien könnten für einsame oder kognitiv eingeschränkte Menschen menschliche Gesellschaft ersetzen. Gleichzeitiges manuelles Verarbeiten und empathisches Interagieren gelinge jedoch keinem System.
Menschliche Zuwendung ist für den Heilungserfolg von entscheidender Bedeutung, haben laut Manzeschke mittlerweile zahlreiche Studien belegt. Daher solle Technik das Pflegepersonal entlasten und nicht die persönliche Betreuung ersetzen. "Wir lernen, was es bedeutet, für einen anderen Menschen da zu sein und Verantwortung zu übernehmen. Diese Fähigkeit ermöglicht es uns, tragfähige Beziehungen aufzubauen." Der Experte warnte davor, dass Pflegekräfte ihre "Zuwendungsaufgabe" vernachlässigen könnten: Langfristig könnte dies zu einem Verlust von Empathie und des "Aushaltens, wenn es anstrengend wird" in der Gesellschaft führen.
Beim IMABE-Symposium am 8. November in Wien unter dem Titel "Mensch und KI. Die Zukunft der Medizin und Pflege" wird Manzeschke gemeinsam mit weiteren renommierten Experten wie etwa dem Plastischen Chirurgen Oskar C. Aszmann und dem Medizinethiker Giovanni Maio über Chancen, Herausforderungen und ethischen Fragen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen sprechen. Die Veranstaltung richtet sich an Fachleute aus den Bereichen Medizin, Pflege und Ethik. (Infos und Anmeldungen bis zum 31. Oktober unter: www.imabe.org)