Virtuelles Gedenken des Mauthausen Komitee auf Social Media mit Religionsvertretern - "Fest der Freude" (8. Mai) mit Zeitzeuge Paul Lendvai am Wiener Heldenplatz
Wien, 07.05.2025 (KAP) Am Donnerstag, 8. Mai, jährt sich die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht und das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa zum 80. Mal. Noch vor dem dazu stattfindenden "Fest der Freude" am Wiener Heldenplatz haben heimische Religionsvertreter auf Einladung des Mauthausen Komitees Österreich an einem virtuellen Gedenken auf Social Media teilgenommen. Unter dem Titel "Gemeinsam für ein Niemals wieder" appellierten etwa Bischof Stephan Turnovszky, IGGÖ-Präsident Ümit Vural und IKG-Präsident Oskar Deutsch, die Erinnerung wachzuhalten, Minderheiten zu schützen und gegen religiöse, rassistische und politische Verfolgung vorzugehen.
"Es ist wichtig, die Erinnerung wachzuhalten, damit sich damals wirksame Mechanismen heute nicht wiederholen", betonte Turnovszky in seinem Statement. Die Nationalsozialisten hätten unliebsame Minderheiten systematisch ausgegrenzt, bedroht, verfolgt, inhaftiert und getötet. "Das ist passiert, weil die Mehrheit froh war, nicht zur ausgegrenzten Minderheit zu gehören und deshalb nicht dagegen aufbegehrt hat", so der Wiener Weihbischof. Das Gefährliche an diesem Mechanismus sei, dass Demokratien dafür anfällig seien, weil ihre Gesetzgebungen auf Mehrheitsentscheidungen beruhen. Der wieder anwachsende Antisemitismus in Österreich sei nicht zu dulden. "80 Jahre nach der Befreiung von Mauthausen erinnern wir uns daran, dass eine Gesellschaft nur dann glücklich wird, wenn sie das Wohl aller im Blick hat", mahnte der Bischof.
Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka sprach sein Plädoyer für Erinnerung vor der eingravierten Zahl 05 an der Westseite des Stephansdoms. Die Ziffer 0 stehe für den Buchstaben O, die Ziffer 5 für den fünften Buchstaben im Alphabet, also E. Das Kürzel "OE" bzw. "05" sei ein Zeichen des Widerstands gegen eine menschenverachtende Ideologie, die viele damals für unvorstellbar gehalten hätten. "Was sich viele nicht vorstellen konnten, ist aber tatsächlich geschehen: die Ermordung von Millionen Juden, Roma, Sinti, Jenischen, Homosexuellen und anderen Minderheiten." Auch heute sei es für viele unvorstellbar, dass so etwas wieder geschehen könne. Deshalb sei die Erinnerung daran unerlässlich, damit klar bleibe, dass Widerstand geleistet werden müsse. "Sie wird so zum Widerstand gegen das Unvorstellbare und sichert, dass das Unvorstellbare nicht wieder Realität wird."
"Ideologie der Nazis ist noch nicht besiegt"
IKG-Präsident Oskar Deutsch warf die Frage auf, ob die Befreiung von der antisemitischen Vernichtungsideologie und vom Herrenrassendenken der Nationalsozialisten heute wirklich abgeschlossen sei. In Österreich, Europa und weltweit sei ein "enthemmter, explodierender Antisemitismus" zu beobachten. In "manchen Kellern" in Österreich werde noch über die "Vergasung einer siebten Million Juden" gesungen. Das Regime im Iran wolle den jüdischen Staat Israel vernichten, und auch "das schlimmste antisemitische Massaker nach der Shoah" am 7. Oktober 2023 in Israel zeige, dass die antisemitische Ideologie nach Auschwitz, Mauthausen und Gusen "immer noch nicht besiegt ist", so Deutsch. Er forderte: "An diesen Hass dürfen wir uns niemals gewöhnen. Wir müssen gemeinsam für ein 'Niemals wieder' einstehen, nicht nur in Sonntagsreden, sondern in Taten."
Der evangelische Wiener Superintendent Matthias Geist erinnerte an die Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen am 5. Mai 1945. Diese müsse Mahnung bleiben, "heute, morgen und immer". Es dürfe nie wieder dazu kommen, "dass Menschen ausgegrenzt, verurteilt und zu sinnlosen Arbeitsdiensten gezwungen werden", sagte Geist. Mehrere Mitglieder der Katholischen Jungschar sprachen sich für die Wahrung von Menschen- und Kinderrechten aus. "Niemals wieder bedeutet für uns, Verantwortung zu übernehmen für eine demokratische und solidarische Gesellschaft, in der Kinder, Jugendliche und Erwachsene frei leben können", hieß es in ihrem Statement.
IGGÖ-Präsident Ümit Vural erklärte, dass die Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft Mahnung und Auftrag zugleich sein müsse. "Heute, in einer Zeit, in der Extremismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit wieder zunehmen, müssen wir dem umso entschlossener entgegenhalten", forderte der muslimische Religionsvertreter. Erinnerung sei ein Auftrag zu Zusammenhalt, Menschlichkeit und zu einer Zukunft, in der nie wieder jemand wegen Herkunft, Religion oder Überzeugung verfolgt wird. Zu erinnern bedeute auch, Verantwortung zu übernehmen und aus der Vergangenheit zu lernen, "denn eine Gesellschaft, die aus ihrer Geschichte lernt, ist eine Gesellschaft, die sich gegen Hass, Hetze und Diskriminierung stellt".
"Fest der Freude" in Wien
Die Plattform erinnern.at hat ihren Jahresschwerpunkt dem Thema "80 Jahre Kriegsende. Befreiung. Neuanfang?" gewidmet und listet auf ihrer Webseite zahlreiche Veranstaltungen im Erinnerungsjahr auf - von Ausstellungen über Filmvorführungen bis zu Zeitzeugengesprächen.
Ein Höhepunkt im heurigen Veranstaltungsreigen ist das bereits zum 13. Mal stattfindende "Fest der Freude" am Donnerstag in der Wiener Innenstadt, das heuer von der Rede des Zeitzeugen Paul Lendvai gekrönt wird. "Der Festakt" (19.40 Uhr) mit dem international bekannten Publizisten sowie "Das Konzert" (20.15 Uhr) der Wiener Symphoniker werden von ORF III live übertragen. Lendvai wurde am 24. August 1929 in Budapest geboren. Als Sohn jüdischer Eltern überlebte der damals 15-Jährige 1944 dank eines Schweizer Schutzpasses die Verfolgung durch die Nationalsozialisten in Ungarn und den Todesmarsch nach Österreich. Seine jüdische Herkunft sowie die Erfahrungen von Verfolgung und Überleben blieben prägend für sein Denken und seine journalistische Arbeit.
Auch von kirchlicher Seite werden Gedenkfeiern gestaltet. Aus Anlass des 80. Jahrestags der Befreiung lädt etwa die Diözese Innsbruck zu einer feierlichen Vesper am Sonntag, 11. Mai, um 18 Uhr mit Bischof Hermann Glettler im Dom zu St. Jakob ein. "In Dankbarkeit, im Gebet und mit dem entschlossenen Bekenntnis zu unserer bleibenden Verantwortung für Frieden, Versöhnung und die Würde aller Menschen" wolle man der Befreiung gedenken, hieß es in der Einladung des Innsbrucker Diözesanbischofs.