Papstwahl: Das Rätselraten um den Rauch aus der Sixtina
08.05.202514:32
(zuletzt bearbeitet am 08.05.2025 um 15:14 Uhr)
Vatikan/Kirche/Papst/Wahl/Konklave
Spekulationen und Erklärungsversuche zu Verzögerungen und Beschleunigungen - Von Kathpress-Korrespndent Ludwig Ring-Eifel
Vatikanstadt, 08.05.2025 (KAP) Mit einer ungewöhnlich langen Verspätung begann am Mittwochabend die Serie der Rauchzeichen aus der Sixtinischen Kapelle, die derzeit die Welt über das Konklave informieren. Viele Vatikanbeobachter und auch die vatikaneigenen Medien hatten damit gerechnet, dass bald nach 19:30 Uhr schwarzer Rauch über einen ersten erfolglosen Wahlgang informieren würde. Doch dann begann ein qualvolles Warten ohne Rauchzeichen.
Zehntausende Menschen auf dem Petersplatz kamen an die Grenzen ihrer Geduld, versuchten den Vorgang mit forderndem Applaus zu beschleunigen. Und die Moderatoren und Kommentatoren der live vom Platz berichtenden Medien wussten nach zwei Stunden Liveschaltung kaum noch, was sie zusätzlich erzählen und deuten sollten - bis schließlich um 21 Uhr schwarzer Rauch in den römischen Nachthimmel stieg.
Eine lange Predigt als Auslöser?
Darüber, wie es zu der Verzögerung kam, gab es unterschiedliche Vermutungen. Einige Vatikanbeobachter wiesen darauf hin, dass die einführende Meditation des früheren päpstlichen Hauspredigers Raniero Cantalamessa immerhin 12 Manuskriptseiten lang gewesen sei. Gut möglich, dass es nach dem "extra omnes" und dem Schließen der Tür 45 Minuten dauerte, bis der Kapuziner-Kardinal seinen eindringlichen Vortrag gehalten hatte.
Hinzu kommt die Tatsache, dass mit 108 von 133 sehr viele der Papstwähler erstmals bei einem Konklave dabei sind und sich mit den lateinischen Schwurformeln schwer tun. Und dann sind da die älteren und gehbehinderten Kardinäle, die wohl einige Zeit brauchten, um von ihrem Platz bis zur Wahlurne "vorzutreten", wie es die Wahlordnung vorschreibt.
Aber auch schwerer wiegende Gründe wurden ins Gespräch gebracht. Im vatikaneigenen Medien-Kanal "Vatican News" wurde spekuliert, dass die Kardinäle beschlossen haben könnten, den ersten Wahlgang zu verschieben, weil es zunächst noch Diskussionsbedarf zur Geschäftsordnung gab. Andere erinnerten daran, dass die Nichtteilnahme des vom Alter her eigentlich wahlberechtigten italienischen Kardinals Angelo Becciu (76) in dem Wahlgremium noch einmal kontrovers diskutiert worden sein könnte.
Spekulation über ungültigen Wahlgang
Erfahrene Konklave-Beobachter erinnerten daran, dass es in der Vergangenheit auch schon mal einen ungültigen Wahlgang gab, weil einer der Kardinäle versehentlich zwei Stimmzettel eingeworfen hatte. So etwas führt zu Verzögerungen, und Rauchzeichen sind nur nach gültigen Wahlgängen erlaubt.
Die Vermutung, dass am Mittwoch irgendetwas "außer der Reihe" geschah, erhielt neue Nahrung, als am Donnerstagmittag der Rauch aus dem derzeit berühmtesten Schornstein der Welt unerwartet früh aufstieg. Frühestens um zwölf sei mit einem Signal zu rechnen, hatten die Auguren gemutmaßt, doch dann stieg der Rauch schon knapp zehn Minuten früher auf. Wieder wurde über die Ursache gerätselt. Experten von "Vatican News" erinnerten daran, dass die Kardinäle nach dem zweiten Wahlgang nicht noch einmal schwören müssen, bevor sie zur Wahlurne gehen können.
Unterdessen spekulieren italienische Medien darüber, ob sich der von ihnen als Favorit gehandelte Kardinal Petro Parolin durch Koalitionen seines Lagers mit anderen Stimmenpaketen inzwischen der Zweidrittelmehrheit nähere. Wirkliches Wissen über das, was hinter den vatikanischen Mauern vorgeht, haben die "Vaticanisti" derzeit jedoch nicht anzubieten.
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