Wolf: Faszination Konklave speist sich aus "Inszenierung des Geheimen"
08.05.202516:40
Österreich/Kirche/Papst/Konklave/Geschichte/Wolf
Münsteraner Kirchenhistoriker bei Vortrag in Wiener "Akademie am Dom": Papstamt und Wahl waren stets großen Veränderungen unterworfen
Wien/Münster, 08.05.2025 (KAP) Das enorme Medieninteresse der laufenden Papstwahl führt der Münsteraner Kirchenhistoriker und Vatikan-Experte Prof. Hubert Wolf auf die "Inszenierung des Geheimen" zurück, die selbst für Nicht-Glaubende "eine Ahnung der Transzendenz in der Immanenz" aufkommen lasse. Das hat Wolf bei einem Vortrag am Mittwochabend an der Wiener "Akademie am Dom" betont. Wolf hielt seinen Vortrag per Videozuschaltung und zeitgleich mit dem ersten Wahlgang der Kardinäle in Rom. Zu dieser Faszination des Konklaves würden die rituellen Elemente wesentlich beitragen, wenngleich diese teils gar nicht so alt sind, wie heute viele Menschen annehmen. Auch seien diese kirchenhistorisch betrachtet einem beständigen Wandel unterworfen gewesen, so Wolf laut Pressemitteilung der "Theologischen Kurse".
Beispiele dazu nannte Wolf etwa im Blick auf die frühe Kirche: Damals hing das Papstamt noch stark am Titel des Bischofs von Rom. So wurde etwa seit dem 4. Jahrhundert und bis ins 10. Jahrhundert der Papst erst zum Papst, wenn er zuvor die Weihe zum Bischof von Rom in der Lateranbasilika empfangen hatte und dort als Bischof inthronisiert wurde. Erst mit der zunehmenden Mobilität der Bischöfe und einem Wechsel der Bischofssitze wurde es notwendig, nach neuen, nicht-sakramentalen zeremoniellen Akten zu suchen, um den Papst einzusetzen. Dazu griff man laut Wolf nicht zuletzt auf die "immitatio imperii" - eine Nachahmung des Krönungszeremoniells der byzantinischen Kaiser mit Pallium und Tiara zurück: eine Entwicklung, die erst in den letzten Jahrzehnten und unter den letzten Päpsten deutlich zurückgedrängt wurde zugunsten eines neuen Verständnisses des Amtes als Dienstamt, so Wolf.
Konklave als "Beugehaft für unbotmäßige Kardinäle"
Auch das Konklave selbst sei nicht vom Himmel gefallen, sondern habe sich von einer ursprünglichen Form als "eine Art Beugehaft für unbotmäßige, wahlunwillige Kardinäle" hin zu jener Form entwickelt, die heute üblich sei. Weder die Geheimhaltungspraxis noch das Verständnis einer von Gott selbst gefällten Wahl sei dabei von Beginn an leitend gewesen - vielmehr hätten Konklave in früheren Zeiten aus einem "ziemlichen Geschachere unter wenigen Familien" bzw. deren im Konklave vertretenen Angehörigen bestanden. Erst seit 1621 findet die Wahl in der Sixtinischen Kapelle und in Form geheimer Wahlen statt. Dass dem weißen Rauch, dem "Habemus papam" und dem ersten Segen "Urbi et orbi" eine so große Bedeutung zugemessen werde, sei ebenfalls eine neue Entwicklung.
Entsprechend den historischen Linien und Entwicklungen stünden auch heute wichtige Fragen für zukünftige Weichenstellungen an, schloss Wolf: Etwa die Frage, ob nicht doch wieder stärker an den das Papstamt begründenden Akt der alten Kirche im Lateran angeschlossen werden sollte? Und im Blick auf die Entwicklung seit Benedikt XVI.: Sollte es nicht auch klare Regelungen für den Fall des Rücktritts eines Papstes und ebenso klare Regelungen für den Fall der Amtsunfähigkeit (etwa infolge eines Komas) geben?
"Wir erleben das Papstamt weiterhin in einem Wandel", schloss Wolf. "Doch was bleibt, ist die Faszination dieses Moments: Wenn sich auf der Loggia des Petersdoms der Vorhang hebt - und die Menschen eine Ahnung davon bekommen, dass hier etwas Größeres geschieht."