Papst Leo XIV. beklagt in seiner ersten Predigt Verlust des Glaubens
09.05.202513:53
Vatikan/Papst/Kirche/Glaube/Gesellschaft
Papst feiert erste Messe mit Kardinälen in Sixtinischer Kapelle - Leo XIV.: Mangel an Glauben hat oft dramatische Begleiterscheinungen
Vatikanstadt, 09.05.2025 (KAP) In seinem ersten Gottesdienst als Papst hat Leo XIV. die "dramatischen Begleiterscheinungen" eines Mangels an Glauben beklagt und dazu aufgerufen, den Glauben auch in schwierigen Umfeldern zu bezeugen. Der Sinn des Lebens gehe verloren, die Barmherzigkeit werde vergessen und die Würde des Menschen "in den dramatischsten Formen verletzt", sagte das neu gewählte Kirchenoberhaupt. Er sprach in einer Predigt vor dem Kardinalskollegium am Freitag im Rahmen eines Gottesdienstes in der Sixtinischen Kapelle. Weiter nannte er "die Krise der Familie und viele andere Wunden, unter denen unsere Gesellschaft nicht unerheblich leidet."
Robert Francis Prevost (69) war am Donnerstag zum Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken gewählt worden. Der langjährige frühere Leiter des Augustinerordens ist der erste gebürtige US-Amerikaner im Papstamt. Ferner hat er die peruanische Staatsbürgerschaft, weil er neun Jahre Bischof in Peru war. Ähnlich wie sein Vorgänger Franziskus, der ihn 2023 zum Leiter der vatikanischen Behörde für die Bischofsernennungen machte, trug der neue Papst während der Liturgie in der Sixtinischen Kapelle schlichte schwarze Lederschuhe. Die Lesungen wurden auf Englisch und auf Spanisch vorgetragen, die Fürbitten auf Italienisch.
Erste Worte auf Englisch
Zu Beginn seiner Predigt, in der der neue Papst häufig aus dem Neuen Testament der Bibel, zweimal auch aus Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65), zitierte, sprach Leo XIV. erstmals seit seiner Wahl spontan einige Worte auf Englisch und erinnerte die Kardinäle an die Wunder und Gaben Gottes. "Ihr habt mich berufen, dieses Kreuz zu tragen und diese Sendung zu erfüllen", so der Papst. Er wisse, dass er sich auf jeden Kardinal verlassen könne.
Weiter ging Leo XIV. auf die herausfordernde Lage für Christen weltweit ein. "Heute wird der christliche Glaube in nicht wenigen Fällen als etwas Absurdes angesehen, als etwas für schwache und wenig intelligente Menschen; vielfach werden andere Sicherheiten wie Technologie, Geld, Erfolg, Macht und Vergnügen bevorzugt", so der Papst.
Jesus als Übermensch
Gläubige würden mitunter "verspottet, bekämpft, verachtet oder bestenfalls geduldet und bemitleidet", während Jesus als eine Art "charismatischer Anführer oder Übermensch" gesehen werde, nicht nur von Nichtgläubigen, sondern auch von vielen Getauften, die so schließlich in einen "faktischen Atheismus" gerieten. Doch jeder Einzelne sei aufgefordert, wie Papst Franziskus es oft gelehrt habe, den freudigen Glauben an Christus zu bezeugen, bekräftigte Leo XIV. Das gelte auch für die Kirche insgesamt.
Nötig ist dies aus Sicht des Papstes umso mehr, als der Mangel an Glauben oft dramatische Begleiterscheinungen habe, wie er sagte: "dass etwa der Sinn des Lebens verloren geht, die Barmherzigkeit in Vergessenheit gerät, die Würde des Menschen in den dramatischsten Formen verletzt wird, die Krise der Familie und viele andere Wunden, unter denen unsere Gesellschaft nicht unerheblich leidet".
Sich selbst im Amt klein machen
Er selbst wolle als Papst als treuer Verwalter die Kirche immer mehr zu einer Stadt auf dem Berg machen, "zu einer rettenden Arche, die durch die Wogen der Geschichte steuert, zu einem Leuchtturm, der die Nächte der Welt erhellt", sagte Leo XIV. Dies bewirke sie weniger durch die Großartigkeit ihrer Strukturen oder die Pracht ihrer Bauten, sondern durch die Heiligkeit der Mitglieder des Volkes Gottes.
Dabei wolle er sich selbst im Amt klein machen, um Christus in den Vordergrund zu stellen, so Leo XIV. Alle, die in der Kirche ein Leitungsamt ausüben, seien dazu gehalten, "zu verschwinden, damit Christus bleibt, sich klein zu machen, damit er erkannt und verherrlicht wird, sich ganz und gar dafür einzusetzen, dass niemandem die Möglichkeit fehlt, ihn zu erkennen und zu lieben".
Er sei als Nachfolger Petri berufen, der Gesamtkirche in der Liebe vorzustehen, so Leo XIV. in diesem Zusammenhang. Wie das vatikanische Nachrichtenportal "Vatican News" eigens hinwies, machte er sich dabei eine berühmte Formulierung des heiligen Ignatius von Antiochien zu eigen, nämlich dass die römische Kirche den "Vorsitz in der Liebe" führe - eine Deutung des Petrusdienstes, die heute ökumenisch weithin akzeptabel erscheint und die auch Franziskus 2013 gleich in seiner ersten Rede nach der Wahl aufgerufen hatte.
(Alle Meldungen und Hintergründe zur Papst-Wahl von Leo XIV. im laufend aktualisierten Kathpress-Dossier unter http://www.kathpress.at/papst-leo-xiv)