Schüller zu Leo XIV.: Reformthemen der Kirche stehen weiter an
10.05.202507:56
Österreich/Kirche/Papst/Kirchenreform/Schüller
Vertreter der Pfarrerinitiative als Studiogast der ZIB 2: Viele von Franziskus angerissene Fragen wie etwa Laienbeteiligung harren der Umsetzung
Wien, 10.05.2025 (KAP) Viele Reformthemen der Kirche stehen nach Überzeugung von Helmut Schüller, dem Vertreter der reformorientierten Pfarrerinitiative, erst am Anfang. Auf den neuen Papst Leo XIV. warte in dieser Hinsicht viel Arbeit, die sein Vorgänger erst angerissen habe, sagte er am Freitagabend als Studiogast der ORF-Nachrichtensendung ZIB 2. Papst Franziskus habe sich noch nicht "so richtig angelegt mit den Machtstrukturen der Kirche", vieles sei noch offen. So habe er den Wunsch gehabt, dass bisher Alleinentscheidende in der Kirche Rechenschaft ablegen müssen und getaufte Laien verbindlich beteiligen sollen. Wenn nun dargestellt werde, Leo XIV. müsse den Kurs von Franziskus in diese Richtung weiterführen, so meine er - Schüller - dazu: "Es geht erst so richtig los, genau genommen."
Angesprochen auf die Einschätzung einer Vatikan-Journalistin, unter Leo werde es zu keiner Öffnung des Diakonats für Frauen kommen, sagte Schüller: "Das hat mich ziemlich erschüttert." Denn das hieße, dass es - sofern der neue Papst gesund bleibt - zu "20 Jahren Stillstand in dieser Frage" käme; was angesichts des deutlich größeren Engagements der Frauen in der Kirche geradezu "absurd" wäre. Weltweit würden Frauen längst das Leben der Kirche tragen, so der Hochschulseelsorger und Pfarrer von Probstdorf. Die Argumente gegen eine Weihe von Frauen überzeugen laut Schüller nicht, deren begrenzte Möglichkeit zur Übernahme von Leitungsverantwortung in der Kirche "muss anders werden". Das wäre auch angesichts rückwärtsgewandter Entwicklungen in Politik und Gesellschaft ein wichtiges Signal der Kirche, meinte der Sprecher der Pfarrerinitiative im ORF.
Zur Krise der Kirche in Europa sagte Schüller, sie sei auf diesem Kontinent "der vorgeschobenste Posten in eine moderne Gesellschaft"; der Hinweis darauf, dass die Kirche in anderen Weltregionen besser dastehe, sei somit "eine schöne Illusion". Viele Themen, denen sich die Kirche in Europa stellen muss, kämen auch auf andere Kontinente zu. Zur Klage Leos XIV. über den Unglauben und dessen Folgen in seiner ersten Predigt als Papst erklärte Schüller, die Entfremdung zur Kirche liege wohl nicht nur an den Missbrauchsskandalen der jüngeren Vergangenheit, es fehle womöglich auch an einer Sprache zur Weitergabe des Glaubens, die heute verstanden wird. Ein weltweit medial begleiteter Vorgang wie ein Konklave möge "für einige Tage abendfüllend" sein. Zugleich sei zu sehen, dass so ein Vorgang der Entscheidungsfindung "wie aus der Zeit gefallen" wirke, so Schüller. In Wahrheit gelte es hinter sich zu lassen, was nicht mehr in die Zeit gehört und mutig Schritte in Richtung Mitbeteiligung und Modernisierung zu setzen.
Papst Leo XIV. stehe jedenfalls viel Arbeit bevor, sagte Schüller und verwies abschließend auf politische Themen. Das Bemühen um Frieden zwischen Nationen müsse vom Frieden zwischen Religionen begleitet werden, und auch das Thema Migration sei nicht nur "ein Match gegen Trump", sondern betreffe Europa genauso.