Mitgründer des in Rumänien tätigen Hilfswerks "Elijah", Georg Sporschill SJ, in Adventrundbrief: Haus Casa Nora ist Auffangnetz für traumatisierte Mädchen und Frauen aus Roma-Clans - Gibt ihnen Chance auf neues Leben, nachdem sie aus Zwangssituationen geflüchtet sind
Wien, 30.11.2025 (KAP) Über die neue familiäre Gemeinschaft von Frauen, die Gewalterfahrungen und traumatische Zwangsverheiratungen mitgemacht haben, schreibt der Jesuitenpater Georg Sporschill, Mitgründer des in Rumänien (Siebenbürgen und Bukarest) tätigen Hilfswerks "Elijah" und ehedem "Straßenkinder-Ersatzvater", in seinem aktuellen Adventrundbrief. Er vergleicht das Elijah-Haus "Casa Nora" in der Stadt Sibiu, wo ins Elend abgerutschte Frauen Schutz gefunden haben, mit dem Heim der Heiligen Familie in Nazareth.
Das Haus ist Auffangnetz für krisenbetroffene Mädchen und Frauen aus Roma-Clans. Es gibt ihnen die Chance auf ein neues Leben, nachdem sie aus ihren Zwangssituationen flüchten konnten. So können sie jetzt mit ihren Kindern einen Neustart versuchen. Damit sind sie zugleich in eine Großfamilie - für Sporschill sozusagen die moderne Heilige Familie - aufgenommen. Das vor einigen Monaten eröffnete Mütterhaus Casa Nora sei ein Ort, wo "junge Menschen helfen, wo Mütter Sicherheit und Kinder Heilung finden".
"Verstoßene Mütter aus den Dörfern kommen zu uns", so Pater Georg Sporschill: "Mütter mit Kindern, auf die Straße geworfen. Der Vater hat eine andere Frau. Oder er trinkt und ist gewalttätig". Die Casa Nora in Sibiu gebe ihnen Sicherheit und die Zeit, einen neuen Weg zu finden. Sechs kleine Wohnungen mit Schlafzimmer, Küche und Bad stünden ihnen zur Verfügung, "vor allem aber geduldige Mitarbeiterinnen, die zuhören".
Für die Kinder bedeute die neue Atmosphäre, spielen lernen zu können. "Das Schönste ist, dass Studentinnen im Haus wohnen und wie große Geschwister für die Gemeinschaft da sind. Sie kennen Wege der Heilung, weil sie selbst aus Schwierigkeiten kamen und den Aufstieg geschafft haben - bis zum Studium oder einem Beruf", schreibt der Vorarlberger Jesuit in seinem Spenderrundbrief und spricht in diesem Zusammenhang von einer Weihnachtsgeschichte.
Bogdan und Nora
Casa Nora und das Elijah-Studentenhaus Casa Francisc, ebenfalls in Sibiu, stehen in gegenseitiger Partnerschaft. "Vater" für die "abenteuerliche Familie aus Kindern, verletzten Müttern und starken Studentinnen" ist der Elijah-Sozialarbeiter Bogdan, Namensgeberin des Hauses die Autorin und Fotografin Nora Schoeller, die sich seit über 30 Jahren für Sporschills Straßenkinder- und Romaprojekte einsetzt. "Nora hat in Bukarest das erste Buch über die Kinder am Bahnhof gemacht, 'Um mich weint hier niemand'. Und zuletzt ein Buch über Moise, das ewige Straßenkind, in dem er sein Schicksal, seine Abstürze und Aufstiege gezeichnet und beschrieben hat. Nora ist Patin bei der Gratwanderung mit Müttern und Kindern", heißt es im Adventbrief.
Dem aus Vorarlberg stammenden Georg Sporschill (79) waren seit seiner Studentenzeit "die Schwierigen ans Herz gewachsen". Er trat mit 30 in den Jesuitenorden ein, war Redakteur der Zeitschrift "Entschluss", Motor einer großen Jugendbewegung und organisierte in Wien das Caritas-Jugendhaus in der Blindengasse, den Canisibus zur Essensverteilung an Armuts-Hotspots sowie das sozialökonomische Arbeitsmarktprojekt "Cafe Inigo" in der Wiener Innenstadt. Der Orden sandte ihn 1989 nach Rumänien. Von 1989 bis 2011 leitete Sporschill den Verein "Concordia", der sich der Arbeit mit Straßenkindern in mehreren Ländern Osteuropas widmet. Er übergab 2012 die Leitung an ein neues Team, mit dem Ziel, "in das Milieu zu gehen, wo die Straßenkinder herkommen - zu den überforderten und verwahrlosten Roma-Familien", wie Georg Sporschill erklärte. Leitfrage war für ihn: "Wo werde ich gebraucht, wo ist die Not am größten?" Deshalb ging er in die Roma-Dörfer des siebenbürgischen Harbachtals, wo er jetzt lebt.
Sporschill-Schützlinge traten vor Papst Leo auf
Dort hatte die Religionspädagogin Ruth Zenkert einige Zeit vorher ein Roma-Projekt, das sie Elijah nannte, gestartet, dem sich Sporschill anschloss. Aus den kleinen Anfängen ist ein großer Baum gewachsen: Heute betreibt der Verein "Elijah" u.a. vier Sozialzentren, Musikschulen, Jugendklubs, Nachmittagsbetreuung, Nachhilfe, Ausbildungs- und Arbeitsprojekte, ein Schülerwohnheim, ein Mutter-Kind-Haus, ein Streetworkprojekt in Bukarest und Hilfe zum Neu- und Umbau von Häusern.
Und mittlerweile hat das Elijah-Hilfswerk auch große Fans in Rom und im Vatikan. Eine Musikgruppe aus Schülern von Elijah-Musikschulen hatte deshalb Ende Oktober die Gelegenheit, Papst Leo XIV. ihr Können darzubieten. Anlass war die Heiligjahr-Papstaudienz für Roma und Sinti.
Das Event, an dem P. Sporschill und Ruth Zenkert mit ihren Schützlingen teilnahmen, fand 60 Jahre nach der ersten weltweiten Begegnung eines Papstes - es war Paul VI. - mit den Vertretern der größten ethnischen Minderheit Europas statt, deren Angehörige sowohl aufgrund ethnischer Zuschreibungen als auch aufgrund ihrer sozialen Situation marginalisiert und ausgegrenzt sind. Leo XIV. lobte den starken Glauben der Roma und ihre Hoffnung, insbesondere in schwierigen Zeiten, und ermutigte sie, durch Taten und Worte lebendige Zeugnisse ihres Glaubens zu sein. Er sprach auch zu den Seelsorgern, die die Gemeinschaften der Minderheit betreuen und darüber, wie wichtig es sei, dass die Kirche inklusiver werde und der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung der Minderheit seelsorgliche Aufmerksamkeit schenke.
(Infos und Spendenkontakt: "Verein Elijah - Pater Georg Sporschill SJ - Soziale Werke"; IBAN AT66 1630 0001 3019 8724, www.elijah.at)