Linzer Bischof Scheuer: Schwächung der gesellschaftlichen Mitte ist auf Dauer eine große Gefahr für die Demokratie - Schwarz: "Ich wünsche mir eine Kirche, die nicht zuerst über sich selbst nachdenkt" - Marketz: Einsamkeit gerade zu Weihnachten für viele ein Problem
Linz/St. Pölten/Klagenfurt, 21.12.2025 (KAP) Aus Anlass des nahenden Weihnachtsfestes haben mehrere österreichische Bischöfe in Interviews dazu aufgerufen, Gemeinsamkeiten vor das Trennende zu stellen und sich der gemeinsamen Werte zu besinnen. Eine Schwächung dieser Gemeinsamkeiten und der "gesellschaftlichen Mitte" sei auf Dauer eine Gefahr für die Demokratie, sagte der Linzer Bischof Manfred Scheuer in einem Interview im "Kurier" (21. Dezember): "Wie ist der Umgangston, wie reden wir miteinander? Das ist eine wichtige Frage für die Demokratie." Die Extreme würden heute "eher gestärkt", die Mitte hingegen geschwächt. "Auf Dauer ist das eine große Gefahr für eine liberale und soziale Demokratie. Dieses Miteinander von liberaler Demokratie, von Sozialstaat und ökologischer Ausrichtung halte ich für das Entscheidende."
Positiv bewertete der Linzer Oberhirte den Pontifikatswechsel hin zu Leo XIV. - zugleich unterstrich er jedoch auch die Kontinuität: "Er bringt einen anderen Stil ein, ein bisschen Nüchternheit. Ich meine, er wird den synodalen Weg fortsetzen. Das ist gut so. Er wird bestimmte Themen, so auch das Thema Frieden, stark betonen." Notwendig sei es, an zentrale Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) zu erinnern, etwa an den Auftrag zur wirklichen "Zeitgenossenschaft", also dazu, aus den eigenen "Blasen" herauszutreten und gegen Gleichgültigkeit und für Solidarität und Menschenrechte für alle einzutreten. "Gelten Menschenrechte überhaupt noch für alle? Haben wirklich alle Menschen die gleiche Würde? Wenn man sich die Kriege und die wirtschaftlichen Entwicklungen ansieht, stehen wir mit einer Friedensethik ziemlich ohnmächtig da."
Der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz plädierte indes in einem Interview in der "Österreichischen Bauernzeitung" dafür, sich zu Weihnachten der eigentlichen Botschaft des Evangeliums zu besinnen und Strukturfragen und -debatten hintanzustellen: "Ich wünsche mir eine Kirche, die nicht zuerst über sich selbst nachdenkt, sondern Raum für Christus und die Menschen schafft. Ich wünsche mir Mut zur Hoffnung und Mut zur Barmherzigkeit. Und dass wir wieder neu entdecken: Unsere Stärke liegt nicht in Strukturen, sondern in der Gegenwart des lebendigen Gottes unter uns."
Er spüre in vielen Gemeinden "eine große Sehnsucht" - nach Frieden, Licht und einem "Neubeginn". Hier könne die Botschaft von Weihnachten Hilfe und Stütze sein: "Weihnachten sagt: Du bist nicht allein in dieser Welt, auch wenn sie dunkel erscheint. Gott steigt in unsere Wirklichkeit hinab - in Armut, Flucht, Angst, Unfrieden - und bleibt dort." Nicht Macht, sondern Liebe und Solidarität stünden im Mittelpunkt: "Gerade jetzt ist diese Botschaft revolutionär", so Schwarz.
Auf das Problem grassierender Einsamkeit verwies der Kärntner Bischof Josef Marketz im Interview mit der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag". Mehr als 600.000 Menschen in Österreich würden sich überwiegend einsam fühlen. Dies sei "eines der größten Probleme unserer Zeit, das sich sowohl unter älteren als auch unter jungen Menschen immer mehr ausbreitet", so Marketz. Zu Weihnachten sei dieses Gefühl der Einsamkeit "für viele noch tiefer, die Erkenntnis der Einsamkeit besonders grausam."
Ein Zeichen gegen die Einsamkeit setzte Marketz dieser Tage mit seinem Besuch in der Justizanstalt Klagenfurt, wo er mit den Häftlingen einen Gottesdienst feierte. "Als Menschen sind wir alle verwandt. Egal, ob hier drinnen oder auf der Straße. Wir warten in der Dunkelheit voller Hoffnung auf das Licht. Das gilt für alle, nicht nur für euch", zitierte die "Kleine Zeitung" (21. Dezember) aus der Predigt Marketz'.
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