Nigeria: Bischöfe reagieren unterschiedlich auf US-Luftangriffe
28.12.202508:07
(zuletzt bearbeitet am 28.12.2025 um 11:12 Uhr)
Nigeria/Terrorismus/Konflikte/Kirche
Für Weihbischof John Bogna Bakeni ist Angriff auf IS "längst überfällig" - Bischof Matthew Hassan Kukah: "Gewalt kann Gewalt nicht besiegen" - Nigeria, der bevölkerungsreichste Staat Afrikas, wird etwa zur Hälfte von Muslimen und Christen bewohnt - Konflikte sind häufig geworden
Vatikanstadt/Abuja, 28.12.2025 (KAP) Der US-Luftangriff am 25. Dezember gegen Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Nordwesten Nigerias hat unterschiedliche Reaktionen bei Kirchenvertretern im betroffenen Land ausgelöst. Während einige die Maßnahme des US-Präsidenten Donald Trump begrüßen, lehnen andere sie auch aus Glaubensgründen ab. Das hat "Radio Vatikan/Vatican News" am Samstag berichtet und dabei auf die unterschiedlichen Positionen von zwei namentlich genannten katholischen Bischöfen in Nigeria verwiesen.
So habe der Weihbischof von Maiduguri, John Bogna Bakeni, den Angriff als notwendig bezeichnet: "Das ist längst überfällig", sagte er und verwies auf die anhaltende Unsicherheit im Land. Ebenso verwies er auf die Offenheit der Regierung für internationale Hilfe.
Der Bischof von Sokoto, Matthew Hassan Kukah, habe hingegen den Luftschlag verurteilt. "Gewalt kann Gewalt nicht besiegen", sagte er und erinnerte daran, dass das Christentum Unterdrückung durch Widerstandsfähigkeit überstanden habe. Er zitierte Jesus mit den Worten: "Stecke dein Schwert zurück in die Scheide." Bischof Kukah sprach in seiner Weihnachtsbotschaft davon, dass die Angreifer Teil der eigenen Gesellschaft seien: "Ob wir sie nun Banditen, Übeltäter, Entführer, Dschihadisten oder Hirten nennen - wir wissen nur, dass diese gewalttätigen Männer und Frauen unsere Kinder sind."
Die USA hatten am 25. Dezember einen Luftangriff gegen Stellungen des IS durchgeführt. Präsident Donald Trump erklärte, er habe sich gegen Terroristen gerichtet, die Christen verfolgt hätten. Das Kommando der US-Streitkräfte für militärische Operationen, Sicherheitspartnerschaften und Kooperationen auf dem afrikanischen Kontinent (AFRICOM) bestätigte den Einsatz in Abstimmung mit den nigerianischen Behörden.
Papst Leo XIV. hatte bereits im November betont, dass Christen und Muslime gleichermaßen von Gewalt und Terror in Nigeria betroffen seien. Auch die nigerianischen Behörden hatten erklärt, dass sich terroristische Gewalt gegen alle Gemeinschaften im Land richte.
Religiöse Landkarte
Nigeria ist mit nach aktuellen Schätzungen rund 230 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Staat Afrikas; Tendenz weiter stark wachsend. Über die Hälfte von ihnen bekennt sich zum Islam; vor allem der Norden ist fast ausschließlich islamisch geprägt. In Nigeria lebt damit eine der größten muslimischen Gemeinschaften Westafrikas. Die meisten hängen der sunnitischen Lehre an; im nordwestlichen Bundesstaat Sokoto erreichen die Schiiten einen beträchtlichen Anteil.
Seit den 1970er Jahren entstanden mehrere radikale islamische Sondergemeinschaften um charismatische Persönlichkeiten, so Darul Islam und die von Mohammed Yusuf gegründete Gruppe Boko Haram. Schon in den 80er Jahren kam es in mehreren Städten zu Gewalt mit religiösem Hintergrund. Zwölf Bundesstaaten im Norden führten 1999 das islamische Recht, die Scharia, ein.
Fast die Hälfte Christen
Der Anteil der Christen in Nigeria wird mit 40 bis knapp 50 Prozent angegeben. Die christliche Gemeinschaft nahm in den vergangenen fünf Jahrzehnten stark zu und ist die größte auf dem afrikanischen Kontinent. Katholiken machen etwa ein Drittel aus; sie sind in rund 50 Diözesen organisiert. Andere starke Gruppen bilden protestantische und die anglikanische Kirche.
Mit Blick auf Gewalt, Ausschreitungen und Übergriffe vor allem in den ethnisch und religiös gemischten Zonen Zentralnigerias mahnen Kirchenvertreter und Experten regelmäßig, ethnisch-soziale sowie wirtschaftliche Ursachen nicht mit religiösen zu verwechseln. Gegen den islamistischen Terror im Norden, wo in weiten Teilen die Scharia gilt, sprechen sich auch die religiösen Führer des gemäßigten Islam aus.